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Besprechung CD

Prokofiev • Myaskovsky

Masks • Symphony No. 25

Prospero PROSP0048

1 CD • 63min • 2021

20.08.2022

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Noch um die Jahrtausendwende war es gar nicht so leicht, sich ein umfassendes Bild vom Schaffen des großen russischen Sinfonikers Nikolai Mjaskowski (1881–1950) zu machen; gerade die späteren Sinfonien haben lange gebraucht, bis sie auf (verlässlich verfügbaren) CDs erhältlich waren. Glücklicherweise sind sie mittlerweile jedoch allesamt in Aufnahmen zugänglich, und so kann man bei näherem Hinsehen ein wahres Kaleidoskop von Sinfonien in 27 Ausprägungen mit stets anderen Facetten entdecken, jedes Werk mit einem eigenen Profil, sodass es kaum möglich ist, ein einziges als die Mjaskowski-Sinfonie per se auszumachen. Natürlich hat die sowjetische Kulturpolitik gewisse Spuren in diesem Zyklus hinterlassen (was, etwa mit Blick auf die enorme Popularität Schostakowitschs, die Musik nicht notwendig entwertet), doch im Grunde genommen ist Mjaskowski den Grundzügen seiner Tonsprache über all die Jahre weitgehend treu geblieben, und gerade unter den späten Sinfonien finden sich einige faszinierende, sehr lohnenswerte Werke.

Mjaskowskis reife Sinfonik in idiomatischer Darbietung

Die in Remscheid und Solingen beheimateten Bergischen Symphoniker unter ihrem noch relativ neuen GMD Daniel Huppert haben für ihr jüngstes Album, auf dem sie Mjaskowski und Prokofjew einander gegenüberstellen (die beiden Komponisten verband eine jahrzehntelange Freundschaft), die Sinfonie Nr. 25 Des-Dur op. 69 ausgewählt. Ein wundervolles Werk, das ausgehend von einer Art Adagio-Idyll, das stellenweise ein wenig an Ljadows Verzauberten See erinnert, einen großen Bogen beschreibt. Entwicklungsstiftenden Kontrast stellt dabei im ersten Satz ein volksliedhaftes, dunkel getöntes Thema her, das in immer neuen Auskleidungen erscheint und letztlich einen Schluss in cis-moll erzwingt. Nach dem intermezzohaften zweiten Satz entladen sich die Konflikte im Finale, das nun umgekehrt von einem stürmischen Allegro in cis-moll in die Wiederkehr des Adagio-Beginns und einen sanft leuchtenden Schluss mündet. Die Bergischen Symphoniker erweisen sich als sehr kultiviert aufspielender Klangkörper, der den tendenziell introspektiven, ernsthaften Tonfall von Mjaskowskis Sinfonik über weite Strecken ausgesprochen gut trifft. Etwas mehr Augenmerk könnte auf die Ausgestaltung von Kontrasten gelegt werden. Das betrifft speziell besonders zurückgenommene Passagen wie den Andante-Einschub im ersten Satz, der in der vorliegenden Aufnahme etwas zu direkt, mit zu wenig Geheimnis genommen wird, oder das kurze Zögern in f-moll (Ziffer 46 im Finale) vor der Verklärung der Schlusstakte, und umgekehrt auch die dynamischen Höhepunkte wie etwa die Klimax des Volksliedthemas im Kopfsatz (Ziffer 10) oder den erregten Beginn des Finalsatzes (gleich die Triolen zu Beginn könnten akzentuierter gestaltet werden). Die Intensität, die ausgewiesene Mjaskowski-Dirigenten wie Swetlanow oder Gauk (nur spärlich in Aufnahmen dokumentiert) aus solchen Partituren holen, erreicht die Neuaufnahme nicht. Aller Detailkritik zum Trotz: dies ist eine hörenswerte, insgesamt bemerkenswert gut geratene Neueinspielung, die z.B. Yablonskys Aufnahme dieser Sinfonie (Naxos) deutlich vorzuziehen ist.

Exzellenter Solist in Prokofjews Violinkonzert Nr. 2

Der Sinfonie wird hier Sergei Prokofjews Violinkonzert Nr. 2 g-moll op. 63 entgegengestellt, also eines der letzten Werke Prokofjews vor seiner Rückkehr in die Sowjetunion. Erneut gelingt dem Orchester zusammen mit dem jungen, exzellenten Solisten David Nebel eine ausgesprochen gute Interpretation, die zahlreiche Details sorgfältig herausarbeitet (auch deshalb übrigens, weil die Klangtechnik den Solisten präsent, aber eben nicht überpräsent abbildet), dabei aber den Fluss der Musik nicht aus den Augen verliert. Kleinere Details, die man monieren könnte, betreffen vielleicht den Einsatz der Solovioline im zweiten Satz, wenn das Orchester Nebels Entscheidung, hier eher im Pianissimo zu beginnen, stärker mit nachvollziehen könnte; die grotesken Bläsereinwürfe im Finale könnten zudem etwas deftiger geraten. Wie auch in Mjaskowskis Sinfonie überwiegen insgesamt jedoch klar die positiven Eindrücke. Das Arrangement der Masken aus Prokofjews Ballett Romeo und Julia für Violine und Orchester am Ende der CD fungiert als schwungvolle, launige Zugabe.

Sehr gelungene Visitenkarte des Orchesters

Der Begleittext informiert ordentlich über die beiden Komponisten, ihre Verbindungen und die Werke auf dieser CD. Die Idee der Autorin, den Wandel in der Tonsprache Prokofjews ausgerechnet anhand des ersten Violinkonzerts, das ja doch ein insgesamt ausgesprochen lyrisches Werk ist, illustrieren zu wollen, muss allerdings mit einem Fragezeichen versehen werden; Mjaskowskis Sinfonie, die vielen Hörern nicht vertraut sein dürfte, könnte eingehender beschrieben werden. Die Klangqualität ist insgesamt wie erwähnt sehr gut, in der Mjaskowski-Sinfonie dürften allerdings u.a. die Trompeten, die in Mjaskowskis Orchestrierung eine wichtige Rolle spielen, hier und da etwas präsenter sein. In der Summe eine sehr gelungene Visitenkarte des Orchesters, das ausdrücklich auch für seine Wahl des Repertoires zu loben ist.

Holger Sambale [20.08.2022]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Sergej Prokofjew
1Konzert Nr. 2 g-Moll op. 63 für Violine und Orchester 00:27:28
Nikolai Miaskowsky
4Sinfonie Nr. 25 Des-Dur op. 69 00:32:22
Sergej Prokofjew
7Masks op. 64 (aus: Romeo und Julia-Suite op. 64) 00:02:44

Interpreten der Einspielung

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