Lux Aeterna
Choral Works by György Ligeti and Zoltán Kodály
OUR Recordings 6.220676
1 CD • 4min • 2020, 2021
27.03.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Seit seiner Gründung im Jahre 2007 hat das Dänische Nationale Vokalensemble, der kleinere der beiden Chöre des Dänischen Rundfunks, eine bereits vom Umfang her bemerkenswerte Diskographie eingespielt, die ihm einen ausgezeichneten Ruf als einer der führenden Chöre unserer Zeit eingebracht hat. Ein besonderer Akzent liegt dabei sicherlich auf dänischer Musik, doch bereits vor wenigen Jahren war mit Bohuslav Martinů auch ein Komponist aus Osteuropa vertreten, und die neueste CD, einmal mehr beim Label OUR Recordings erschienen, widmet sich nun A-Cappella-Chormusik aus Ungarn.
Ligeti-Interpretationen auf höchstem Niveau
Den Schwerpunkt der CD bildet die Musik György Ligetis, von der ein Überblick quer durch alle Schaffensperioden geboten wird, allen voran das titelgebende Lux Aeterna aus dem Jahre 1966, sein sicherlich bekanntestes Chorwerk, geprägt von Klangfeldern und Mikropolyphonie, sowie die 1982 entstanden, sehr komplexen und außerordentlich expressiven Drei Phantasien nach Friedrich Hölderlin. Das Dänische Nationale Vokalensemble beweist in diesen Interpretationen höchstes Niveau; der Chorklang ist ebenso transparent wie differenziert und dabei stets ausgesprochen homogen. Die beträchtlichen Schwierigkeiten dieser Musik (gerade in den Hölderlin-Phantasien) meistert das Ensemble vorzüglich. Auch gestalterisch sind die Darbietungen mustergültig: bei aller Ruhe, die Lux Aeterna ausstrahlt, wird nie die Binnenspannung der Musik vernachlässigt, während die Extreme in den Hölderlin-Phantasien voll ausgereizt werden, Musik, die passagenweise für den Hörer richtiggehend unangenehm sein kann mit grellen dynamischen und dissonanten Kulminationspunkten.
Auch Ligetis frühes Schaffen vor seiner Emigration aus Ungarn ist in Form zweier Chorwerke aus dem Jahre 1955 vertreten, den vier kurzen Liedern aus Mátraszentimre, ursprünglich für Kinderchor gesetzte (und hier von den Frauenstimmen gesungene), schlicht gehaltene Volksliedadaptionen, und den zwei Chören Nacht – Morgen nach Sándor Weöres, die Ligeti auf der Schwelle zwischen einem sich aus der ungarischen Folklore speisenden Stil und Einflüssen moderner Musik zeigen. Hier gelingen dem Ensemble idiomatische, sorgfältig austarierte Lesarten dieser Miniaturen, die z.B. die früheren Einspielung der London Sinfonietta Voices im Rahmen der Ligeti-Edition von Sony deutlich übertreffen, weil diese Werke ernster genommen werden, die Bildhaftigkeit dieser Musik stärker ausgereizt wird.
Makellose, homogene Darbietungen
Abgerundet wird die CD mit drei Werken von Ligetis Lehrer Zoltán Kodály, zwei Vertonungen von Abendstimmungen aus den Jahren 1904 und 1938 sowie der vielfältigen und effektvollen Volksliedersuite Bilder aus der Mátra-Gegend (1931). Grundsätzlich gibt es erneut vieles zu loben; gegen Ende von Abend etwa kann man exemplarisch nachvollziehen, wie homogen das Ensemble auch Solopartien in seinen Gesamtklang einzubetten vermag. Technisch makellose, ja perfekte Aufnahmen also, die aber weniger stimmungsvoll als manche ungarischen Einspielungen (z.B. die Interpretationen des Kodály-Chors Debrecen auf Hungaroton) anmuten. Das Abendlied etwa nehmen die Debrecener – ganz im Sinne der Textvorlage – ein ganzes Ende zurückgenommener, verhaltener; unerreicht auch ihr vollkommen selbstverständliches Rubato zu Beginn der Bilder aus der Mátra-Gegend. Diese natürliche Agogik und Vertrautheit mit den Spezifika der ungarischen Folklore findet man in den Aufnahmen der Dänen so nicht wieder, sodass der Gesamteindruck hier etwas schwächer ist als bei den Ligeti-Aufnahmen.
Natürlicher, transparenter Klang und informativer Begleittext
Insgesamt erhält man auf dieser CD 50 Minuten Chormusik auf sehr hohem Niveau (fast ein wenig bedauerlich, dass man den noch vorhandenen Platz auf der CD nicht noch für das ein oder andere Stück mehr genutzt hat). Der Klang der CD ist natürlich, klar und transparent, ein kleiner Makel sind allerdings ein bis zwei Übersteuerungen in der ersten der Hölderlin-Phantasien (insbesondere ab 1:20). Jens Cornelius’ Begleittext informiert kompetent über Komponisten und Werke und rundet so den Gesamteindruck einer insgesamt vorzüglichen Produktion ab.
Holger Sambale [27.03.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
György Ligeti | ||
1 | Lux aeterna | 00:09:11 |
2 | Éjszaka - Reggel (Zwei a cappella-Chöre) | 00:03:36 |
4 | Három hordó (aus: Mátraszentimrei Dalok) | 00:01:19 |
5 | Igaz szerelem (aus: Mátraszentimrei Dalok) | 00:01:22 |
6 | Gomb, gomb (aus: Mátraszentimrei Dalok) | 00:01:36 |
7 | Erdöbe, Erdöbe (aus: Mátraszentimrei Dalok) | 00:00:54 |
8 | Hälfte des Lebens (aus: Drei Fantasien nach Friedrich Hölderlin) | 00:03:46 |
9 | Wenn aus der Ferne (aus: Drei Fantasien nach Friedrich Hölderlin) | 00:05:28 |
10 | Abendphantasie (aus: Drei Fantasien nach Friedrich Hölderlin) | 00:03:42 |
Zoltán Kodály | ||
11 | Esti Dal | 00:03:01 |
12 | Este | 00:04:55 |
13 | Mátrai képek | 00:11:03 |
Interpreten der Einspielung
- Danish National Vocal Ensemble / DR (Chor)
- Marcus Creed (Dirigent)
- Daniel Åberg (Bass)
- Melanie Nordtorp (Sopran)
- Christine Nonbo Andersen (Sopran)
- Jakob Soelberg (Bariton)