Francesco Maria Veracini
Overtures & Concerti Vol. 3
cpo 555 241-2
1 CD/SACD • 58min • 2018
07.02.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Federico Guglielmo und sein Ensemble L’Arte del Arco bringen mit Vol. 3 ihre Einspielung der Ouvertüren und Concerti des höchst eigensinnigen Florentiners Francesco Maria Veracini (1690-1768) zum exzellenten Abschluss. Da die Concerti bereits komplett aufgenommen waren, ergänzen zwei Violinsonaten das Programm. Dabei zeichnet sich die Aufnahme durch temperamentvoll-feuriges, dynamisch höchst flexibles Streicherspiel von unglaublicher Wachheit aus. Gute-Laune-Ouvertüren garniert mit melancholischen Sonaten.
Capo pazzo
„Wirrkopf“ oder „verrückter Chef“ war der Spitzname des Komponisten in seiner späteren Florentiner Zeit. Vor allem muss er ein unglaublicher, von sich selbst absolut überzeugter Choleriker gewesen sein. So sprang er 1722 vor Wut aus einem Fenster im 1. Stock, nachdem ihm seine Dresdner Kollegen einen Streich gespielt hatten, indem ihm suggeriert wurde, dass statt seiner der Geiger vom letzten Pult als Solist in einem Konzert von Johann Georg Pisendel auftreten sollte. Dabei hatte Pisendel das Stück mit diesem Geiger vorher intensiv geprobt, sodass dieser bestens vorbereitet war und Veracini, der vom Blatt spielte, ausstach. Francesco brach sich dabei Fuß sowie Hüfte. Seitdem hinkte er. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, international als höchst gefragter Geigenvirtuose zu konzertieren. Er machte in den 1730ern in London auch als Opernkomponist Karriere und kehrte um 1745, nachdem er einen Schiffbruch knapp überlebt, dabei seine beiden Stainer-Geigen Peter & Paul verlor, als Kirchenmusiker ins heimische Florenz zurück.
Seine Ouvertüren IV und V sind französische Musik in italienischem Gewand. Fröhlich und abwechslungsreich sorgen sie für gute Laune. Die Violinsonate in e-Moll aus op. 1 ist eine verkürzte französische Suite, deren als „Fantasia“ bezeichnete Ouvertüre auf einem Halbschluss endet und deren Gigue mit Echo-Effekten spielt. Sie streift so weit von e-moll entfernte Tonarten wie c-moll und As-Dur. Die d-Moll-Sonate (o.Op. 1716) ist ein hochexpressives Stück in Corelli-Nachfolge.
Kongeniale Interpretation
Federico Guglielmo interpretiert die beiden Sonaten absolut hinreißend. Er trifft jeden Affekt und entwickelt daraus die wichtigen freien Verzierungen. Diese werden durchaus üppig verstreut, sind jedoch nie narzisstische Selbstdarstellung, da sie dynamisch höchst flexibel und makellos in die Linie integriert werden. Da stimmt dann auch das Mikrotiming, die Phrasierung behält ihr Ziel und die größte Virtuosität wirkt leicht und wie selbstverständlich. Zu ähnlich superbem, sprechendem Spiel hat er auch seine Mitspieler von L’Arte dell’Arco animiert. In den Ouvertüren mischen sich die Oboen hervorragend mit den Streichern, ohne zu dominieren. Das 14-köpfige Ensemble spielt reaktionsschnell, dynamisch flexibel. Da macht das Zuhören Freude.
Die Klangtechnik bildet das Ensemble homogen und transparent ab. Guglielmos Booklet-Text ist höchst informativ. Das schaffen – so völlig frei von Selbstmarketing – nicht alle Geiger und Dirigenten!
Fazit: Eine höchst erfreuliche Aufnahme, die allen Freunden barocker Musik gefallen dürfte. Ausübende Musiker sollten sich die beiden Sonaten aufmerksamst anhören, um zu lernen, wie man höchst differenziert ornamentiert, ohne damit anzugeben. Definitiv empfohlen.
Thomas Baack [07.02.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Francesco Maria Veracini | ||
1 | Ouvertüre Nr. 5 B-Dur | 00:14:42 |
5 | Sonate Nr. 6 e-Moll (aus Sonate a violine solo e basso ... opera prima, Dresden 1721) | 00:19:30 |
9 | Sonate Nr. 3 d-Moll (aus Sonata a violino ... e basso, Dresden 1716) | 00:11:39 |
13 | Ouvertüre Nr. 4 F-Dur | 00:11:42 |
Interpreten der Einspielung
- L' Arte dell'Arco (Ensemble)
- Federico Guglielmo (Violine, Leitung)