Franz Schubert
Music for Violin II
BIS 2373
1 CD/SACD stereo/surround • 71min • 2018
09.01.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Als Franz Schubert im Jahre 1816 seine drei Sonaten für Violine und Klavier schrieb, waren ihm in der Gattung des Lieds bereits bahnbrechende Meisterwerke wie „Gretchen am Spinnrade“(1814) Wanderers Nachtlied, Rastlose Liebe und Erkönig (alle 1815) gelungen. Hier konnte er schon früh seiner Phantasie freien Lauf lassen und sah sich weniger an Muster und Vorbilder gebunden wie in der Instrumentalkomposition. Auffällig ist auch, wie selten sich Schubert mit der Kombination Soloinstrumet plus Klavier befasste.
Mozart und Beethoven lassen durch Salieri grüßen
Der Kopfsatz der Sonate in D-Dur D 384 ist quasi eine Dur-Variante von Mozarts Sonate e-moll KV 304. Das Andante spielt mit dem Beginn des Liedes An Chloe. Die a-Moll-Sonate D 385 verweist mehrfach zurück auf den „Galanten Stil“. Bereits das melancholische Eingangsthema lässt ein wenig an den Duktus der „Berliner Schule“ denken, die ausgiebige Verwendung von standardisierten Partimento-Elementen in den Durchführungsteilen des Finales inklusive Quintfallmodulationen, lässt Rückschlüsse auf die im Kompositionsunterricht bei Antonio Salieri erarbeiteten Muster zu. Sie finden sich durchaus ähnlich auch in der A-Dur-Klaviersonate op. 2,2 Beethovens. Es ist also nicht undenkbar, dass diese Sonaten quasi als Gesellenstück für den Abschluss der Komponistenausbildung verfasst wurden. Die relativ geringen technischen Anforderungen dürften mit der Widmung an den Geige spielenden Bruder Ferdinand zusammenhängen, waren aber eventuell auch Teil der Aufgabenstellung, da sich für Laien geeignete Musik für den Druck anbot.
Einen wesentlich reiferen Eindruck hinterlässt das ein Jahr später entstandene, sehr viel virtuoser gehaltene Grand Duo D 547. Hier zeigt sich Schubert als begnadeter „Melodiker mit Pranke“.
Das hochvirtuose Rondeau brillant D 895 in h-moll entstand für den „Böhmischen Paganini“ Josef Slavik. Es orientiert sich an der im frühen 19. Jahrhundert für Virtuosenwerke beliebten Struktur Langsame Einleitung quasi improvisando, Cantabile-Abschnitt, Rondo. Die Melodik ist – ähnlich wie im Finale des Divertissement à la Hongoroise und dem letzten der Impromptus D 935 – stark ungarisch gefärbt.
Referenz
Das Duo Ariadne Daskalakis-Paolo Giacometti musiziert die Werke auf Hammerflügel und darmbesaiteter Violine. Dabei berücksichtigt die Geigerin die Anweisungen aus Louis Spohrs Violinschule, die sich kurz mit „wenig Vibrato auf langen Tönen, dafür alle Lagenwechsel mit Portamento“ zusammenfassen lassen, genauestens, ohne dabei allzu fremd zu klingen. Auch stellt sich in dieser Besetzung eine wesentlich natürlichere Balance als mit modernen Instrumenten ein. Da bei Schubert beide Partien von gleichem Gewicht sind, ist eine minuziöse Absprache hinsichtlich Artikulation und Phrasierung in diesen Werken unbedingt erforderlich. Diese war offensichtlich erfolgreich, denn so differenziert, sowie voller Schwung, Intensität und Innigkeit an den passenden Stellen hört man diese Werke selten.
Den Tontechnikern ist mit dieser SACD das Wunder gelungen, die Interpreten so räumlich abzubilden, dass man sie im heimischen Wohnzimmer spielen wähnt. Das durch die Pappverpackung etwas fummelig zu handhabende Booklet enthält einen sehr lesenswerten Einführungstext der Geigerin zu den einzelnen Werken.
Fazit: Referenzeinspielung, die diejenige von Biondi und Tverskaja eindeutig an Farbigkeit und Wärme übertrifft. Klare Empfehlung.
Vergleichseinspielung: Fabio Biondi-Olga Tverskaja naive/opus 111.
Thomas Baack [09.01.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Rondo brillant h-Moll op. 70 D 895 für Violine und Klavier | 00:14:12 |
2 | Sonate Nr. 1 D-Dur op. posth. 137, 1 D 384 für Violine und Klavier | 00:11:52 |
5 | Sonate Nr. 2 a-Moll op. posth. 137, 2 D 385 für Violine und Klavier | 00:21:35 |
9 | Sonate A-Dur op. 162 D 574 für Violine und Klavier | 00:21:32 |
Interpreten der Einspielung
- Ariadne Daskalakis (Violine)
- Paolo Giacometti (Fortepiano)