Outi Tarkiainen
The Earth, Spring's Daughter | Salvo
Ondine ODE 1353-2
1 CD • 71min • 2018, 2019
18.09.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist das Hauptthema in den Schöpfungen der finnischen Komponistin Outi Tarkiainen (Jg. 1985), die in der Musik eine Naturgewalt sieht, der eine verändernde Kraft innewohnt. Die beiden auf dieser CD präsentierten Kompositionen basieren auf der Kultur der Sámi (die früher übliche Bezeichnung „Lappen“ wird unterdessen als diskriminierend zurückgewiesen) und ist indirekt auch ein politisches Plädoyer für eine jahrhundertelang unterdrückte und kolonisierte indigene Volksgruppe.
Auch ohne dieses Vorwissen, das bei einem deutschen Hörer nicht vorausgesetzt werden kann, wird man sich der elementaren Macht des klanglichen Geschehens kaum entziehen können. Das gilt besonders für das Konzert für Sopransaxophon Saivo (2016), das für den auch hier aktiven Jukka Perko geschrieben wurde und in dem das Soloinstrument eingebettet ist in ein Meer elektronischer Klänge. Saivo bedeutet in der Mythologie der Sámi einen heiligen Ort, oft einen See, unter dessen Oberfläche sich eine Welt der Geister befindet. Elemente des Jazz sind in der Gestaltung des Saxophonparts zu finden, den Perko nicht nur virtuos, sondern mit sehrender Intensität ausführt.
Klangliche Überwältigung
Der neunteilige Liedzyklus Eanan giđ naida (The Earth, Spring’s daughter, 2014-15), der Gedichte von sechs Autoren und Autorinnen zusammenfasst, ist symmetrisch aufgebaut, wobei der Epilog eine Wiederholung und Erweiterung des Prologs darstellt. Die Texte kreisen um die Grundthemen Erde, Ewigkeit und Sehnsucht. Dabei wird das Drama der Sámi im dritten Song (Our father’s estate has been divided up today) explizit angesprochen. Den Höhepunkt bildet das siebente Lied I inscribe these images, in dem der Erzähler völlig eins wird mit der Natur, Raum und Zeit verschwinden. Die als Interpretin zeitgenössischer Musik vielfach ausgewiesene Mezzosopranistin Virpi Räisänen gestaltet die Lieder mit einer bewundernswerten Vielfalt an Farben und Ausdrucksnuancen, angefangen vom fast gesprochenen Prolog über blühende Lyrismen bis hin zu den immer wieder geforderten vokalen Ekstasen. Und das vorzügliche Lapland Chamber Orchestra entfesselt – seinem Namen zum Trotz – unter John Storgårds souverän disponierender und zugleich leidenschaftlicher Leitung symphonische Klangorgien, die an Gustav Mahler oder Holsts „Planeten“ denken lassen.
Eine fesselnde, mustergültige Wiedergabe von zwei Kompositionen, die dem unvorbereiteten Ohr neuartig und fremd und zugleich vertraut erscheinen, und die man gerne mehrmals hören möchte.
Ekkehard Pluta [18.09.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Outi Tarkiainen | ||
1 | The Earth, Spring's Daughter (Liederzyklus) | 00:42:07 |
10 | Saivo für Saxophon und Orchester (Konzert) | 00:28:38 |
Interpreten der Einspielung
- Virpi Räisänen (Mezzosopran)
- Jukka Perko (Sopransaxophon)
- Lapland Chamber Orchestra (Orchester)
- John Størgårds (Dirigent)