Anzeige

Teilen auf Facebook RSS-Feed Klassik Heute
Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

CD • SACD • DVD-Audio • DVD Video

Besprechung CD

Johann Sebastian Bach - Metamorphose

NeoBarock
Reconstructions of the presumed original versions

Ambitus amb 95 606

1 CD • 56min • [P] 2020

28.03.2020

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 6
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 7

Die Triosonate ist eine der wichtigsten Formen der Barockmusik – in ihr hat J. S. Bach viele seiner musikalischen Ideen verarbeitet, und aus ihr entwickelte er die Sonate für Melodieinstrument und obligates Cembalo. Das illustrieren seine Gambensonaten BWV 1027-1029 und die Violinsonaten BWV 1014-1019 beispielhaft – den uns überlieferten Werken liegen nach heutigem musikwissenschaftlichem Erkenntnisstand Triosonaten zugrunde, die heute nicht mehr erhalten sind: Die beiden unteren Stimme der Triosonate übernimmt die rechte und die linke Hand des Cembalos; das stellt eine geniale und in die Zukunft weisende Umdeutung der althergebrachten „Sonata a tre“ in jene musikalische Zweierbeziehung intimen Charakters dar, die seither einen so breiten Raum in der Kammermusik eingenommen hat. Überdies waren ja Umarbeitungen von Musik in verschiedenste Instrumental- und Vokalkombinationen zu Bachs Lebzeiten gang und gäbe, darum sollten wir auch heute gegenüber einem schöpferischen Umgang mit Barockmusik offen sein.

Das „ältere“ ist nicht immer das bessere

Die hier zu besprechende CD legt „die Rekonstruktionen der vermuteten Urfassungen des berühmten Doppelkonzerts für zwei Violinen (BWV 1043), der Violinsonate in A-Dur (BWV 1015) und der beiden Gambensonaten in D-Dur und g-Moll (BWV 1028 und 1029) vor“: So stellt der Produkttext einer der wichtigen Anbieter klassischer Musik im Internet diese Aufnahme vor – sicher nicht ohne Übereinstimmung mit der Produktionsfirma. Eine Aussage wie „die Rekonstruktionen“ ist eine gewagte Behauptung: Sie hat etwas von musikalischer Freibeuterei an sich, indem sie eine Originalgestalt suggeriert, die von selbsternannten musikalischen Testamentsvollstreckern wieder in ihre musikalischen Rechte als erste kompositorische Idee eingesetzt wird. Auf derlei apodiktische Art wurde beispielsweise Robert Kings Version der Triosonaten BWV 525-530 nie beworben; er hatte mit seinem King’s Consort 1995 die Triosonaten BWV 525-530 für Orgel in eigenen Bearbeitungen für Kammerensemble höchst überzeugend eingespielt, ohne dabei den Werken im Geringsten Gewalt anzutun: Noblere Rückführungen von Kompositionen J. S. Bachs auf eine vermutete Originalgestalt hat man bis zum heutigen Tag kaum gehört.

Handfestes Musikantentum

Verglichen mit den Violinsonaten mit Monica Huggett und Ton Koopman aus dem Jahr 1984, den Gambensonaten mit Pieter Wispelwey von 1999 (Wispelwey spielt hier Violoncello piccolo) und schließlich den 1995 eingespielten Transkriptionen der Orgelsonaten mit dem King’s Consort ist der hier zu besprechenden Einspielung – 2013 aufgenommen und nicht mehr ganz taufrisch – immerhin Temperament zu bescheinigen: Allerdings jenes Temperament eines ausgesprochen muskulösen Musizierens, wie sie viele Ensembles in den letzten 20 bis 25 Jahren der Alten Musik übergestülpt haben. Ob diese harte und überdeutlich artikulierte Spielweise zu dem Musizierstil von Bach selbst passt, den er mit seinen Söhnen im Leipziger Collegium Musicum gepflegt haben mochte, oder auch zu dem emotionalen Stil der Musiker, die seiner Schule entwuchsen (besonders die eigenen Söhne Friedemann, Carl Philipp, Christoph Friedrich und Johann Christian, die alle höchst eigenständige Komponisten wurden), bezweifle ich. Hier ist kontrastives Hören der Kammerversionen der Triosonaten BWV 525-530 mit dem King’s Consort zu empfehlen: So hören sich gelungene heutige Übertragungen von Werken J. S. Bachs in eine andere instrumentale Gestalt an.

Vergleichseinspielungen: BWV 1015: Sonaten für Violine und Cembalo BWV 1014-1019: Monica Huggett (Violine), Ton Koopman (Cembalo)

BWV 1028, 1029: CCS 14198 – Gambensonaten; Pieter Wispelwey (Violoncello piccolo), Richard Egarr (Fortepiano)

Hyperion CDA 66843 - Bach: Sechs Triosonaten BWV 525-530, King's Consort, Ltg.: Robert King

Detmar Huchting [28.03.2020]

Anzeige

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Sebastian Bach
1Sonate Nr. 3 g-Moll BWV 1029 00:13:43
4Sonate Nr. 2 D-Dur BWV 1028 00:14:10
8Konzert d-Moll BWV 1043 für 2 Violinen und Orchester 00:14:07
11Sonate Nr. 2 A-Dur BWV 1015 für Violine und Klavier 00:13:55

Interpreten der Einspielung

Das könnte Sie auch interessieren

16.03.2022
»zur Besprechung«

Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1
Nicolaus Bruhns, Cantatas and Organ Works Vol. 1

12.08.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1
Johann Sebastian Bach, Concertos for Harpsichord and Strings Vol. 1

10.04.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244
Johann Sebastian Bach, St Matthew Passion BWV 244

28.03.2020
»zur Besprechung«

Johann Sebastian Bach - Metamorphose, NeoBarock / Ambitus
Johann Sebastian Bach - Metamorphose, NeoBarock / Ambitus

Anzeige

Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

Anzeige