Beethoven
The Piano Concertos
BIS 2274
2 CD/SACD stereo/surround • 2h 37min • 2017, 2018
03.01.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Aufnahmen der fünf Klavierkonzerte von Beethoven gibt es unzählige, Aufnahmen mit einem Fortepiano wenige. Ronald Brautigam hat, nach der Gesamtaufnahme der Mozart’schen Klavierkonzerte, nun zusammen mit der Kölner Akademie, alle Beethoven-Konzerte eingespielt, rechtzeitig zum Beethoven-Jahr 2020. Er spielt auf Nachbauten eines Hammerklaviers von Walter & Sohn aus dem Jahre 1805 und eines von Conrad Graf aus dem Jahre 1819.
Einspielungen mit einem „nachgebauten Originalinstrument“ zeigen, auf welchen Instrumenten Beethoven gespielt hat, zeigen, wie es wohl geklungen hat. Sie zeigen aber nicht, auf welchem Instrument Beethoven gern gespielt hätte, zeigen nicht, welchen Klang Beethoven gern gehabt hätte. Nach allem, was wir wissen, bevorzugte Beethoven den möglichst gewaltigsten Klang.
Vorzüge dieser Doppel-CD sind die Frische, die Unmittelbarkeit, mit der Solist wie Orchester ans Werk gehen, die Entdeckerlust, diese Musik als vollkommen neu zu erleben. Dabei hält sich das Orchester immer wieder liebevoll-vornehm zurück, um dem Fortepiano den Vortritt zu lassen. Die Bläser und Streicher sind im aufgehellt-geschärften Klangbild deutlich getrennt, das Orchester klingt straff und strömend-weich zugleich, energiedurchpulst und in stetigem Klangfluss. Ronald Brautigam und der Dirigent Michael Alexander Willens sind sich vollkommen einig in der Gestaltungsweise, das teilt sich unmittelbar mit. Das Orchester reizt alle Schattierungsmöglichkeiten der Dynamik aus, überzeugt mit hochpräziser Rhythmik und unerhörter Durchhörbarkeit: Im Rondo des G-Dur-Konzertes hört man begleitende Einzelinstrumente, die sonst oft untergehen. Das Fortepiano hätte der Toningenieur vielleicht ein bisschen mehr herausheben können, bisweilen droht der Orchesterklang das Soloinstrument zu erdrücken, so verliert der Gegensatz zwischen Klavier und Orchester im 2. Satz des G-Dur-Klavierkonzertes dadurch an dramatischer Spannung. Manchmal schleicht sich das Fortepiano fast unvermutet aus dem Orchesterklang heraus, das hat auch einen gewissen Charme. Aber immer macht der Dialogwitz zwischen Soloinstrument und Orchester großes Vergnügen, am meisten in den übersprudelnd-spielhaften Schlussätzen. Bei dem Wort „concertare“ betonen Solist und Orchester weniger das „certare“, also das Streiten, als das „con“, das spannungsvolle Miteinander.
Hier herrscht kein weihrauchgeschwängertes Beethoven-Heroen-Bild: Die Tempi sind durchweg rasch, energisch voranschreitend, oft auch voranpreschend. Das „con brio“, das Beethoven so oft vorschreibt, nehmen die Musiker beim Wort. Das führt zu einer Beschwingtheit, die manchmal ins Swingen gerät wie im Rondo des C-Dur-Konzertes. Allerdings geraten auch die langsamen Sätze in den Sog des Voranstürmens und verlieren dabei etwas an „Verweile-doch“-Schönheit. So braucht Brautigam für das Adagio des B-Dur-Konzertes nur 6’35 Minuten, wo die meisten seiner Kollegen, ob Brendel, Barenboim oder Kissin, mehr als 9 Minuten benötigen, so wird das Adagio un poco mosso des Es-Dur-Konzertes zum „molto mosso“, so wird das Largo des c-Moll-Konzertes ein bisschen geheimnislos, verliert an Feierlichkeit. Und im darauffolgenden Rondo verwischt Brautigam die Staccati des Rondo-Themas fast in ein Portato und nimmt dem Thema damit ein wenig die Spritzigkeit. Dafür ist das Rondo des G-Dur-Konzertes ein einziges Fest des Beethoven’schen Witzes, des lyrischen Schwungs, des Einfallsreichtums. Es ist voll sonniger Heiterkeit, ähnlich dem, was Wilhelm Backhaus bei diesem Satz empfand: Orpheus und Eurydike wandern beschwingt durch eine griechische Landschaft.
Rainer W. Janka [03.01.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 | 00:30:40 |
4 | Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 19 | 00:25:46 |
7 | Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58 | 00:30:30 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37 | 00:32:56 |
4 | Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73 | 00:35:32 |
Interpreten der Einspielung
- Ronald Brautigam (Fortepiano)
- Die Kölner Akademie (Orchester)
- Michael Alexander Willens (Dirigent)