Perttu Haapanen
Flute Concerto // Ladies' Room // Compulsion Island
Ondine ODE 1307-2
1 CD • 63min • 2016, 2017, 2018
15.11.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In den drei auf dieser neuen CD vorgestellten Werken erweist sich der Finne Perttu Haapanen (Jg. 1972) als Komponist ideenreicher, handwerklich – instrumental wie vokal – perfekter und zudem recht humorvoller Musik, was ja nun nicht gerade ein typisches Merkmal vieler Zeitgenossen ist. Haapanen war an der Sibelius-Akademie Schüler von Erkki Jokinen und Paavo Heininen, absolvierte etliche Meisterklassen (Kaipainen, Lindberg, Saariaho etc.) und studierte auch elektronische Musik am IRCAM in Paris. Sein Werk erfährt seit nunmehr gut 15 Jahren zunehmend internationale Beachtung.
Haapanens Musik ist postseriell, dabei keineswegs tonal; seine Instrumentation erregt durch ihre höchst abwechslungsreichen, ungewöhnlichen Klangkombinationen stets die Aufmerksamkeit des Zuhörers. Zu einer ganzen Reihe von Stücken, die imaginäre Orte bereits im Titel vorstellen, gehört das für ganz große Besetzung komponierte Orchesterwerk Compulsion Island von 2014. Die Stimmungsbandbreite dieser, wie oft bei Haapanen, durch die japanische Anime-Ästhetik inspirierten Klangwelt bewegt sich im Bereich zwischen düsterer Unsicherheit bis zur grellen Groteske. Die Faktur geht dabei vom komplexen Tutti bis zu sich fast völlig auflösenden Einzelereignissen – über weite Strecken spannend, aber immer ebenso mit einem Augenzwinkern, dies alles nicht für bare Münze nehmen zu müssen.
Ladies‘ Room für Sopran und Kammerorchester ist ein durchgehender Zyklus von neun Liedern. Zwischen fünf Texten ganz unterschiedlicher Quellen – von der Bibel über Suchmaschinen bis zu Paul Celan – stehen vier Hommages à Adolf Wölfli, dem schizophrenen schweizerischen Dichter und Maler, die vokal-experimentellen Fantasien freien Lauf lassen. Die Sopranistin Helena Juntunen begeistert hier nicht nur mit ihrem breiten technischen Können, sondern auch durch auf den Punkt gebrachten, nuancierten Ausdruck.
Das ganz neue Flötenkonzert (2018) ist geschickt und farbig orchestriert, ohne den ausgezeichneten Solisten Yuki Koyama jemals zuzudecken. Auch hier finden sich natürlich alle zeitgemäßen Techniken im Solopart; die zur Schau gestellte Virtuosität trägt aber nicht wirklich über die gesamten 27 Minuten des Konzerts. Das Finnische Radio-Symphonie-Orchester spielt das gesamte Programm mit großem Engagement, die zahlreichen Soli – gerade in Compulsion Island – sind absolut überzeugend, ebenso die sichere Leitung durch Chefdirigent Hannu Lintu und Dima Slobodeniouk (Flötenkonzert). Dasselbe gilt für die äußerst durchsichtige und räumliche Aufnahmetechnik. Die Liner Notes im Booklet sind leider nur auf Englisch und Finnisch. Für Fans der überreichen, finnischen Neue-Musik-Szene ist diese Veröffentlichung sicher eine willkommene Entdeckung, wenn auch noch nicht klar ist, ob Perttu Haapanen mal an die Bedeutung seiner Star-Kolleg(inn)en wie Magnus Lindberg, Kalevi Aho oder Kaija Saariaho heranreichen wird.
Martin Blaumeiser [15.11.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Perttu Haapanen | ||
1 | Compulsion Island | 00:15:49 |
2 | Ladies's Room | 00:19:22 |
11 | Flute Concerto | 00:27:07 |
Interpreten der Einspielung
- Helena Juntunen (Sopran)
- Yuki Koyama (Flöte)
- Finnish Radio Symphony Orchestra (Orchester)
- Hannu Lintu (Dirigent)
- Dima Slobodeniouk (Dirigent)