Michael Haydn
Symphonies 13 & 20, Notturno No. 1
cpo 555 042-2
1 CD • 63min • 2015
06.08.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Da ist er nun endlich – der letzte Mosaikstein zur Gesamtaufnahme aller 44 Symphonien von Michael Haydn. Schade, dass diese CD auch in den Pressemitteilungen von cpo/jpc ohne großes Brimborium vorgestellt wurde, denn hier wurde in 27 Jahren eine nicht zu unterschätzende Repertoirelücke geschlossen, die nunmehr 12 CDs umfasst. Das Großprojekt begann 1991 mit dem Slowakischen Kammerorchester unter Bohdan Warchal, wurde dann mit der Deutschen Kammerakademie Neuss unter ihrem Gründer Johannes Goritzki fortgesetzt, 2004 folgte noch eine Doppel-CD mit Frank Beermann und schließlich – mit einigem zeitlichen Abstand – diese Einspielung (2015) unter Lavard Skou Larsen, der das exzellente Neusser Orchester von 2004 bis 2017 leitete. Nun will ich mich aber – man darf sicher noch auf eine Box mit allen 12 CDs hoffen – auf die Darbietungen auf dieser abschließenden Aufnahme beschränken.
Joseph Haydns fünf Jahre jüngerer Bruder Michael – immerhin 43 Jahre lang die prägende Figur des Salzburger Musiklebens – steht immer noch völlig in dessen Schatten, was vor allem der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass zu Lebzeiten praktisch nichts gedruckt wurde. Wenn auch sein symphonisches Schaffen eher aus Gelegenheitswerken besteht, so tut das der Qualität keinen Abbruch. Mit Mozart verband Michael eine Freundschaft, die bis zuletzt von größter gegenseitiger Wertschätzung geprägt war. Und so ist auch die Nähe zwischen diesen beiden Symphonikern größer als die zu seinem Bruder Joseph. Liegt das innovative Moment bei Joseph Haydn eher auf der Formebene, so ist es bei Michael die klangsinnliche Erfahrung, die durch äußerst geschickte und differenzierte Instrumentation ganz eigene, neue Qualitäten erhält. Michael Haydn interessiert weniger Kontrapunkt oder symphonische Dialektik, die dann ab Beethoven prägend für die Gattung wird, sondern die unmittelbare, quasi körperliche Erfahrung, der man sich kaum entziehen kann. Anders als bei seinem Bruder erhält sich bei Michael barocker Drive, der dann – gerade auch in den langsamen Sätzen, die ebenso fast immer tänzerischen Charakter haben – zu einem besonderen „Swing“ führt, den wir sehr wohl von Mozart kennen. Holzbläser werden oft solistisch geführt und der Komponist nutzt sehr bewusst den Klang geradezu dramaturgisch, etwa wenn sich der Satz einmal emotional in ein Unisono „verdichtet“.
Skou Larsen feuert sein Orchester – mit moderner Spieltechnik, aber sparsamen Vibrato – zu exzellentem Zusammenspiel und virtuoser Spielfreude an. Mitreißende Tempi verhindern nie den verstehenden Blick auf Haydns Instrumentationsfinessen, die in jedem Detail ausgekostet werden. Alles ist extrem gut durchhörbar, die Themen und Motive nutzen sich nie ab. Besonders die präzise dynamische Unterfütterung der an sich schon überzeugenden Phrasierung lässt aufhorchen – das liegt weit oberhalb jeglicher Routine. Die beteiligten Holzbläser sind auch in ihren Soli großartig. Die Aufnahmetechnik lässt in Sachen Räumlichkeit aber etwas Luft nach oben. Wenn auch die beiden „übrig gebliebenen“ Symphonien hier vielleicht nicht zu den auffälligsten Michael Haydns gehören (Nr. 20 ist gar nur ein Pasticcio aus vorhandenem Material), bereitet jeder Satz Vergnügen. Weit mehr als ein Lückenfüller, sondern eine echte Entdeckung ist das 20-minütige Notturno Nr. 1 F-Dur, das es mühelos mit den besten Divertimenti Mozarts aufnehmen kann. Das soll erst mal jemand besser machen!
Martin Blaumeiser [06.08.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Michael Haydn | ||
1 | Sinfonie Nr. 13 D-Dur MH 132 Perger 37 | 00:15:41 |
5 | Notturno Nr. 1 F-Dur MH 185 P 106 | 00:21:30 |
9 | Sinfonie Nr. 20 C-Dur MH 252 Perger 12 | 00:20:39 |
Interpreten der Einspielung
- Deutsche Kammerakademie Neuss (Orchester)
- Lavard Skou Larsen (Dirigent)