BÖF - Bayrisch Österreichischer Feinklang
... grenzenlos anders
Hey!Classics LC 29640
1 CD • 68min • 2017
12.04.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wer kennt von früher noch die hohe Kunst des liebevoll zusammengestellten Mixtapes: Man nehme jeweils ein Stück von verschiedenen Interpreten, Bands oder auch Musikrichtungen und füge diese spontan und wie es gerade der Intuition entspricht, zusammen. Ob die Zusammenstellung wirklich zum Rauf- und Runterhören taugt, hängt von einem sehr guten Gespür für den jeweiligen Adressaten ab. Das CD-Debut des Duos „Bayerisch-Österreichischer Feinklang“, kurz BÖF erweckt unter dem Titel „grenzenlos anders“ solche Assoziationen. Denn Markus Renhart, Klarinetten und Michaela Bauer, Akkordeon, brauchen gar keine Plattensammlung, um mit treffsicherem Gespür für den guten Mix einen stimmigen, kurzweiligen Bogen zu spannen, in dem auch der empfindsame Tiefgang nie fehlt. Denn neben einem weitgespannten Repertoire-Horizont nutzen die beiden ihre Instrumente als großes Kapital mit eben „grenzen-losen“ Ausdrucksmöglichkeiten.
Nehmen wir die Ingedienzien für diese wirkungsvolle Dramaturgie mal genauer unter die Lupe: Los geht es mit dem cineastischen wie choralartigen Filmmusik-Thema aus „Jenseits-der-Stille“. Scheinbar ohne Berührungsängste hängt sich ein idyllisch-entschleunigter „Pongauer Jodler“ daran, der aber mal eben einen Zeitsprung nach Irland wagt. Im Dreivierteltakt darf man sich wiegen in Hans-Günther Kölz' Frühstück in Paris. Einmal so in Gang gekommen, erklimmt der Spielfluss in einer auftrumpfenden Tango-Nummer einen ersten Höhepunkt. Viel gesanglicher, erzählender, mal tief in sich ruhend, aber auch verspielt, pflegt das Duo in einer Händel-Sonate einmal mehr die Kunst der Verfeinerung. Dann ist wieder genug Luft geholt für einen neuen Synkopenritt in Klaus Paiers Stück Quasirondo. Zwei betont lyrische Gesänge ohne Worte bilden die Brücke zu einer hinreißenden Version des berühmten, samtweich und manchmal bittersüß die Seele streichelnden Après un Rève von Gabriel Fauré.
Der Wiener Klarinettist und die Münchener Akkordeonistin heben dieses Unterfangen dank in ihrer symbiotischen Spielkultur und musikalischen Souveränität haushoch über jedes gewollt oder bemüht wirkende „Crossover“. Alles wirkt in der Klangwelt dieses Duos schlüssig aufeinander bezogen, das man denken könnte, diese Beiden spielen in jedem Moment nichts anders als „ihre Musik“. Unangestrengt und extrem gekonnt wirkt, wie Michaela Bauer das vielgestaltige Potenzial ihres Akkordes auszreizt: Sie lässt ihr Instrument solistisch expressiv, manchmal hauchzart sensibel klingen, stuft dynamische Bögen ab, öffnet harmonische Räume und liefert ihrem Partner auf der Klarinette alles Rückgrat. Markus Renhart malt Klänge und zeichnet kantable Linien – und lässt sein Instrument auch mal in Klezmer-affiner Rauheit, leidenschaftlich aufschreien. So ensteht auch ein „Balkanfieber“, bei dem sogar Mozart und Bach gleichberechtigt Pate stehen. Im richtigen Moment mischen sich weitere Stimmen ein: Zum Beispiel ein jazziger Kontrabassist, dezente Perkussions und später in einer trance-artigen freien Improvisationsnummer auch ein Digderidoospieler. Der geneigte Hörer möchte bis zu diesem Zeitpunkt diese imaginäre „Mix-Cassette“ immer wieder umdrehen, sich von dieser eingängigen Stücke-Mischung forttragen lassen. Nur einmal möchte man nicht schnell genug von der Vorspultaste Gebrauch machen: Die polternde Techno-Nummer am Schluss passt in diesen Mix definitiv nicht hinein. Überhaupt nichts gegegen Technomusik – aber diese brachialen Elektronik-Beats bleiben in der hellhörigen, in jedem Moment handgemachten Konversation dieser Musiker ein Fremdkörper!
Stefan Pieper [12.04.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Niki Reiser | ||
1 | Jenseits der Stille | |
trad. | ||
2 | Pongauer Jodler goes Ireland | |
Hans-Günther Kölz | ||
3 | Frühstück in Paris | |
Andreas Nebl | ||
4 | Tango Nr. 2 | |
Georg Friedrich Händel | ||
5 | Sonate F-Dur op. 1 Nr. 11 HWV 369 für Blockflöte und B.c. | |
Klaus Paier | ||
9 | Quasirondo | |
Andreas Nebl | ||
10 | Andante | |
11 | Little Sheep | |
Gabriel Fauré | ||
12 | Après un rêve op. 7 Nr. 1 für Violine und Harfe | |
13 | bachINTROmozart | |
14 | Balkanfieber (...Mozart im Balkanfieber!) | |
BÖF | ||
15 | Improvisation #1 | |
Hans-Günther Kölz | ||
16 | Brontosaurus Walk | |
Gordon Goodwin | ||
17 | Bach meets THE JAZZ POLICE | |
Mortimer Barten | ||
18 | BÖF de Paris |
Interpreten der Einspielung
- Michaela Bauer (Akkordeon)
- Markus Renhart (Klarinette )