Camille Thomas
Saint-Saëns • Offenbach
DG 479 7520
1 CD • 68min • 2017
31.10.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Es gibt sie noch, die spezifisch französische Klanglichkeit, die sich durch ein ganz spezielles, elegantes Timbre und feinsinnige Abschattierungen des Klanges auszeichnet. Unsere Nachbarn haben von je her ein ganz besonderes Verhältnis zum Klang, was sich nicht zuletzt an ihrer Sprache zeigt: die ist von einer einzigartigen stilistischen wie klanglichen Feinsinnigkeit geprägt, und nicht selten hat das, was gesprochen wird, nicht sonderlich viel mit dem zu tun, was auf dem Papier steht. Will sagen: Stil und Klang sind alles in Frankreich, der Rest wird angesichts des gewählten Focus auf eine repräsentative Fassade gerne mal zur Nebensache.
Klangliche Opulenz und stilistische Eleganz sind es auch, die zumeist die Werke französischer Komponisten auszeichnen, und da hält die Einspielung der Cellistin Camille Thomas mit Werken von Camille Saint-Saëns und Jacques Offenbach zwei Paradebeispiele dieser Kunst parat. Für ihr Debut bei der Deutschen Grammophon hat sie ein französisches Programm ausgesucht, darunter mit Saint-Saëns' erstem Cellokonzert ein echtes Schlachtross des Repertoires und mit dessen Suite op. 16b sowie Jacques Offenbachs Introduction, Prière et Boléro und einigen überaus charmanten Transkriptionen.
Vor allem die Kunst des kantablen Spiels beherrscht Thomas in sagenhafter Art und Weise. Ihr vornehm näselnder Celloton ist von ausgesuchter Eleganz, mal druckvoll gesättigt, mal subtil dahingehaucht. Auch in Sachen Virtuosität braucht sie sich von keinem die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Ihr Spiel ist versatil, flexibel, von flammender Intensität und gleichzeitig ausgesprochen akkurat und empfindsam. Nur bei ganz wilden Passagen schleicht sich gelegentlich der Eindruck ein, Thomas sei im Eifer des Gefechts etwas über das intendierte Ziel hinausgeschossen. Dafür bezaubern die kleinen Transkriptionen auf dieser CD um so mehr. Diese putzigen Charakterstückchen werden ausgesprochen sanglich und wohlgestaltet dargeboten.
Das Orchestre National de Lille ist unter der Leitung von Alexandre Bloch ein solider Partner. Zuweilen lässt man es zwar etwas burschikos angehen und es an eben jener Eleganz fehlen, die die Musik von Saint-Saëns und Offenbach auszeichnet, doch im Großen und Ganzen - und das betrifft auch das Zusammenspiel mit der Solistin - erweist man sich als adäquater Klangkörper. Bleibt zu hoffen, dass die in den Medien oft gehypte Camille Thomas ihrem persönlichen Stil treu bleibt und nicht wie so viele andere Klassik-Stars verheizt wird. Der Grat zwischen medientauglich inszeniertem Musik-Girly und erfrischend unkonventionell auftretendem Klassik-Star ist oft ein schmaler.
Guido Krawinkel [31.10.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Camille Saint-Saëns | ||
1 | Konzert Nr. 1 a-Moll op. 33 für Violoncello und Orchester | 00:19:35 |
4 | Mon coeur s'ouvre à ta voix (from: Samson et Dalila) | 00:05:51 |
5 | Suite d-Moll op. 16b für Violoncello und Orchester | 21:06:02 |
Jacques Offenbach | ||
10 | Barcarole (aus: Hoffmanns Erzählungen) | 00:03:21 |
11 | Introduction, Prière et Boléro op. 22 für Violoncello und Orchester | 00:12:09 |
13 | Les larmes de Jacqueline op. 76 Nr. 2 (aus: Harmonies des bois) | 00:06:23 |
14 | Je suis Brésilien (Act I - from: Pariser Leben) | 00:02:49 |
Interpreten der Einspielung
- Camille Thomas (Violoncello)
- Nemanja Radulović (Violine)
- Rolando Villazón (Tenor)
- Ensemble Double Sens (Ensemble)
- Orchestre National de Lille (Orchester)
- Alexandre Bloch (Dirigent)