Martinů Shostakovich
Christian Poltéra
BIS 2257
1 CD/SACD stereo/surround • 64min • 2016
12.06.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Der schlanke, werkdienliche und im besten Sinn uneitle Interpretationsstil Christian Poltéras zeigt in Dmitri Schostakowitschs Zweitem Cellokonzert ein weiteres Mal seine mannigfachen Vorzüge. Im Vergleich mit den meisten Einspielungen dieser Partitur, die in den vergangenen Jahren erschienen sind (etwa der von Sol Gabetta) fallen die ausgesprochen zügigen Tempi ins Ohr, die Poltéra wählt. Zieht man jedoch Mstislaw Rostropowitschs Aufnahme mit Seiji Ozawa zu Rate, zeigt sich, dass „Slawa“, der Widmungsträger des Konzerts, und Poltéra fast auf die Sekunde genau gleich auf liegen. Es hat sich in letzter Zeit eingebürgert, in Schostakowitschs Partituren eine extra breite Trauermaske aufzusetzen, um den tragischen Gehalt der Musik, die schwierigen Lebensumstände des Komponisten oder was auch immer noch zusätzlich zu betonen. Schostakowitsch als Schmerzensmann – mit diesem Klischeebild wird man dem Meister jedoch allerhöchstens bedingt gerecht.
Und so kann sich im ungünstigen Fall das einleitende Largo arg in die Länge ziehen, wenn man ein „Larghissimo“ daraus macht. Bei Poltéra hingegen bleibt die Musik stets im Fluss, ohne ihren angemessen ernsten Charakter zu verlieren. Der Schweizer Cellist gestaltet die Musik nicht als endlos brütenden Monolog, sondern als tief empfundenen lyrischen Gesang, wozu auch seine äußerst geschmackvolle und diskrete Verwendung des Portamentos hervorragend passt. So bekommt dieses Largo einen Anflug von Hoffnung. Und wenn es sein muss, zum Beispiel in der von krachenden Schlägen der Großen Trommel begleiteten Kadenz, zeigt Poltéra durchaus die Zähne.
Ähnlich überzeugend interpretiert er die beiden pausenlos ineinander übergehenden folgenden Allegretto-Sätze, beim ersten den Tanzcharakter stets beibehaltend, ohne dass ein permanenter Totentanz daraus wird, beim zweiten die lyrisch-pastoralen Melodien schön aussingend, bis hin zur wunderschön lakonisch und augenzwinkernd gestalteten Coda. Lediglich das Crescendo im allerletzten Takt hätte noch etwas pointierter zum Abschluss kommen können. Gilbert Varga und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin bleiben der Partitur nichts schuldig; man hört wirklich auch das kleinste Detail, woran das wunderbar präsente SACD-Klangbild seinen Anteil hat.
Als Koppelung präsentiert Poltéra – nachdem er bereits Bohuslav Martinus Erstes Cellokonzert in Tandem mit Dvoráks h-Moll-Konzert eingespielt hat – das Konzert Nr. 2 des tschechischen Komponisten. Dass dieses Opus bis heute stets ein wenig im Schatten des Ersten Konzerts steht, mag vielleicht seine Gründe haben, zum Beispiel in der Abfolge von zwei recht langsamen Sätzen vor dem temperamentvollen Finale, aber auch in einer nicht ganz so eingängigen Thematik wie der des Schwesterwerks. Aber Poltéra hält ein ansprechendes Plädoyer für die immer wieder packende und so herrlich optimistische Musik Martinus.
Thomas Schulz [12.06.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Dimitri Schostakowitsch | ||
1 | Violoncellokonzert Nr. 2 G-Dur op. 126 | 00:32:50 |
Bohuslav Martinů | ||
4 | Violoncellokonzert Nr. 2 H 304 | 00:30:41 |
Interpreten der Einspielung
- Christian Poltéra (Violoncello)
- Deutsches Symphonie-Orchester Berlin (Orchester)
- Gilbert Varga (Dirigent)