Fagerlund & Aho
Bassoon Concertos
BIS 2206
1 CD/SACD stereo/surround • 76min • 2015
09.12.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Kalevi Aho zählt zu den fantasievollsten und technisch beschlagensten Komponisten unserer Zeit, und er hat sich anscheinend in den Kopf gesetzt, jedes auch nur erdenkliche Instrument mit einem Solokonzert zu versorgen – beim Theremin ist er schon angekommen (und es ist ein besonders schönes Werk dabei herausgekommen), und vielleicht sind ja bald Duduk, Sitar und Heckelphon dran. Sein Fagottkonzert von 2004 stellt den Solisten – und auch das Orchester – vor große Herausforderungen, und auch der Hörer ist gefordert, will er die musikalischen Zusammenhänge im sehr komplexen Geflecht irgendwie begreifen. Am gelungsten erscheint mir die an dritter Stelle stehende Passacaglia mit ihren elaborierten kontrapunktischen Verschlingungen, die aufgrund des Formtypus eine gewisse durchgängige Klarheit bewahrt. Diese Passacaglia führt in eine aberwitzige Kadenz über, in welcher der Solist zugleich spielt und singt, also selbst polyphon agiert, woran sich ein virtuoses Finale mit einem sehr geschwinden Schlussteil anschließt. An zweiter Stelle nach dem erratisch machtvollen Kopfsatz steht ein übermütig schillerndes Vivace, das sehr treffend hätte als Scherzo bezeichnet werden können. Aho liebt es, die Instrumente immer wieder verrückt spielen zu lassen, und bei alledem dürfen wir ihm glauben, dass er selbst die Orientierung nicht verliert, also tatsächlich in der Lage ist, die sprunghaften Elemente seiner Formgebung zu korrelieren. Auf jeden Fall ist es eines der faszinierendsten Konzerte, die bisher für das Fagott geschrieben wurden, und auch das 1999 geschrieben Solo V für Fagott ist dem Instrument – bei immensen Anforderungen – und seinem einmaligen Charakter vortrefflich ‚auf den Leib’ geschrieben.
Dafür braucht es natürlich einen superben Solisten, und den fand man in dem Niederländer Bram van Sambeek, der hier vom Lahti Symphony Orchestra unter seinem neuen Chefdirigenten Dima Slobodeniuk sekundiert wird. Van Sambeek beherrscht alle diese technischen Tricks, die ihm sowohl von Aho als auch von dessen jüngerem finnischen Landsmann Sebastian Fagerlund (geb. 1972) abgefordert werden, makellos und vorbildlich: das Spiel in extremen Lagen mit den dazugehörigen Sprüngen, sowohl der allmähliche Übergang als auch die abrupte Gegenüberstellung zwischen verschiedenen Anblastechniken, Glissandi, Multiphonics, Singen während des Spiels usw.
Auch Fagerlund wird hier sowohl mit einem Solostück als auch mit einem Konzert präsentiert, wobei das Lahti Symphony Orchestra diesmal unter seinem bisherigen Chefdirigenten Okko Kamu spielt. Fagerlunds Solostück Woodlands entstand 2012, das einsätzige Fagottkonzert Mana 2013-14. Er möchte schamanistische Rituale beschwören und zieht hierzu fast organisch changierende Klangflächen heran, die oftmals figurativ durchwoben sind, motivisches Material tanzt quasi eigendynamisch vor sich hin, modale Improvisationen übernehmen das Geschehen, auch Harsches hat seine Anteile. Zurück bleibt ein quasi-improvisatorischer Charakter, der den Hörer in geheimnisvolle Klangwelten entführen möchte. Übrigens gilt das mit dem improvisatorischen Eindruck auch in erstaunlichem Maße für Ahos Musik, woran Bram van Sambeek mit seinem intensiv eindringlichen und zugleich mühelos elastischen Spiel maßgeblichen Anteil hat.
Christoph Schlüren [09.12.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sebastian Fagerlund | ||
1 | Konzert für Fagott und Orchester (Mana) | 00:19:02 |
2 | Woodlands für Fagott | 00:11:20 |
Kalevi Aho | ||
3 | Solo IV für Fagott | 00:10:13 |
4 | Konzert für Fagott und Orchester | 00:34:30 |
Interpreten der Einspielung
- Bram van Sambeek (Fagott)
- Lahti Symphony Orchestra (Orchester)
- Okko Kamu (Dirigent)
- Dima Slobodeniouk (Dirigent)