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Beethoven • Schumann • Françaix
RCA 88985317172
1 CD • 78min • 2015
06.10.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Beethovens Violinkonzert sei für ihn wie ein Mount Everest, bekundet der schweizerische Violinist Sebastian Bohren, der im nächsten Jahr seinen 30. Geburtstag feiert und der schon jetzt fast alles in seiner internationalen Solistenkarriere erreicht hat. Bohren, der profilierte geigerische „Kaderschmieden“ wie etwa die eines Zakhar Bron durchlaufen hat und auf den schon Heinrich Schiff aufmerksam wurde, ist neben seinen vielen solistischen Bravourleistungen auch Bestandteil eines bemerkenswerten Schweizer Musikerkollektivs, der Chaarts Chamber Artists. International tonangebende Spieler verschreiben sich dem Ziel, Musik zur verbindenden gemeinsamen Erfahrung werden zu lassen. Dabei geht es „um Konsens und eben nicht um Kompromiss“, wie Sebatian Bohren selbst im Booklet schreibt.
Schon die ersten Wendungen des Orchesters beim Beethoven-Konzert zeigen, dass hier der unkonventionelle, aber stets unprätentiöse Blickwínkel gefragt ist. Da werden verblüffende Details an die Oberfläche geholt, was Beethovens Tonsprache ganz besonders nonkonformistisch erscheinen lässt - seien es die pochenden Pauken, die die markanten Viertelschläge des Themas akzentuieren oder vereinzelt aufblitzende, regelrecht moderne Dissonanz-Harmonien. Auch sie rütteln wach für die zeitlos frischen musikalischen Energien dieser Komposition, welche Sebastian Bohren beflügeln, diesem Giganten gerecht zu werden.
Schwindelerregend leichtfüßig vollzieht sich seine Interpretation – und da sind wir schon bei den geigerischen Meriten Bohrens. Seine Tongebung leuchtet und strahlt in allen Facetten, verfügt dabei aber stets über luftige Schlankheit. Faszinierende filigrane Beweglichkeit macht auch die vertracktesten Tongriffe plastisch durchdringbar, als wäre es das Selbstverständlichste.
Die drei Sätze des Konzerts kommen der Philosophie des künstlerischen Miteinanders sehr entgegen: Zwar tritt die Violine nach einer orchestralen Introduktion durch Bohrens Spiel überaus charismatisch ins Rampenlicht, jedoch sind Soloinstrument und Orchestersatz im folgenden zu einem komplexen sinfonischen Gesamtgefüge verwoben. Beständige Dur- und Moll-Kontraste sorgen für ein subtiles emotionales Wechselbad als Dauerzustand. Ein tief verinnerlichtes Larghetto legt eigene persönliche Bezüge zu diesem Meisterwerk offen, und ein frischerer musikalischer Weckruf, als der dritte Rondo-Satz dieses Konzertes wäre wohl kaum denkbar.
Wie setzt man nach einem solchen Gipfelwerk das Programm fort? Robert Schumanns Fantasie für Violine und Orchester op. 131 schöpft – aus dem Geist der Romantik - einmal mehr die Bandbreite zwischen subtiler Empfindung und kühner Virtuosität aus. Das Finale markiert dann – nun wieder in drei Sätzen - umso konsequenter den Kollektivgedanken der Chaarts Chamber Artists: Sebastian Bohrens Violine wird zum kammermusikalisch-gleichberechtigten Teil in einem Quintett, das Mozart schrieb und von Jean Françaix zum Nonett erweitet wurde. Kein Zufall: Jean Françaixs Vorliebe für melodisches Raffinement zeugt von Seelenverwandtschaft zum früheren Vorbild aus der Wiener Klassik. Hinzu tritt eine typisch französische Klangsinnlichkeit aus dem Geist des 20. Jahrhunderts. Bohrens eloquentes und in allen denkbaren Kontexten wiedererkennbares Violinspiel bereichert eine gemeinsame Konversation voller Esprit und Farbenreichtum.
Stefan Pieper [06.10.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Violinkonzert D-Dur op. 61 | 00:40:00 |
Robert Schumann | ||
4 | Fantasie C-Dur op. 131 für Violine und Orchester | 00:13:39 |
Jean Françaix | ||
5 | Nonetto (d'après le quintette pour quatre instruments à vent et piano KV 452 de W.A. Mozart) | 00:23:51 |
Interpreten der Einspielung
- Sebastian Bohren (Violine)
- Chaarts Chamber Aartists (Ensemble)