Verlangen
Lieder von Berg, Strauss & Schönberg
cpo 777 976-2
1 CD • 51min • 2015
27.06.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mit diesem Recital der Sopranistin Maya Boog setzte Michael Lakner erneut einen Kontrapunkt zum Hauptprogramm des von ihm geleiteten Lehár-Festivals in Bad Ischl. Doch anders als im Falle von Hindemiths Marienleben (cpo 777 817-2) war diesmal der Bezug zu dem Operettenkönig durchaus evident, denn mit Alban Berg, Richard Strauss und Arnold Schönberg wurden drei Komponisten präsentiert, die derselben Generation angehören wie Lehár, und ihre um 1900 entstandenen Lieder fallen just in die Zeit, wo dieser in Wien seine ersten Erfolge feierte, bis ihm mit Die lustige Witwe (1905) der große Durchbruch gelang. Und vom Liebesverlangen handeln seine Bühnenwerke nicht weniger als die hier thematisch zusammengestellten Lieder seiner Kollegen von der „ernsten“ Muse.
Alban Berg hatte zu seinen Jugendwerken ein sehr distanziertes Verhältnis. Von seinen 90 Klavierliedern erschienen ihm nur sieben (auf Texte von Lenau, Storm, Rilke und anderen) der Veröffentlichung wert. 1928 hat er sie dann farbenreich instrumentiert. Sie erscheinen als tastende Versuche, aus dem Korsett der Spätromantik aus- und in eine noch verschwommene Moderne aufzubrechen. Für die Orchesterfassung werden meist opulentere Stimmen wie etwa Jessye Norman bevorzugt. Mich überzeugt die hier vorliegende Klavierversion noch mehr, da die filigrane Stimme von Maya Boog einen eigenen Zauber entfaltet und im Zusammenwirken mit dem Pianisten Michael Lakner eine intime und zärtliche Atmosphäre entsteht.
Richard Strauss war erst 33 Jahre alt, aber bereits ein gestandener Lied-Profi, als er den Zyklus Mädchenblumen schrieb. Mag man heute über die Verse von Felix Dahn („Ein Kampf um Rom“) schmunzeln, der verschiedenen Mädchentypen die jeweils „passenden“ Blumen zuordnet, so kann man sich dem Kantilenenzauber und der Jugendstil-Ornamentik in der Begleitung nicht entziehen. Die Lieder sind ein typisches Produkt des fin-de-siècle, das von der Sopranistin und dem Pianisten auch als solches vorgeführt wird, ohne dass die Klangschwelgerei in den Vordergrund tritt.
Das Glanzstück dieses Recitals sind jedoch die sieben Brettl-Lieder, die Arnold Schönberg für Ernst von Wolzogens Berliner Kabarett „Überbrettl“ geschrieben hat, wo er auch als Kapellmeister engagiert war. Witz, Ironie und Frivolität in den Texten von Wedekind, Bierbaum und anderen hat der später so ernste und kompromisslose Komponist mit seiner Musik treffend eingefangen und potenziert, und man hört in der Wiedergabe die Lust der Künstler, sich auf diese Welt einzulassen. Es ist ein Vergnügen, zu verfolgen, wie Maya Boog textliche Pointen herausarbeitet und musikalische Nuancen abschmeckt.
Ekkehard Pluta [27.06.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Alban Berg | ||
1 | Nacht (aus: Sieben frühe Lieder) | 00:03:49 |
2 | Schilflied (aus: Sieben frühe Lieder) | 00:02:07 |
3 | Die Nachtigall (aus: Sieben frühe Lieder) | 00:02:08 |
4 | Traumgekrönt (aus: Sieben frühe Lieder) | 00:02:27 |
5 | Im Zimmer (aus: Sieben frühe Lieder) | 00:01:10 |
6 | Liebesode (aus: Sieben frühe Lieder) | 00:01:39 |
7 | Sommertage (aus: Sieben frühe Lieder) | 00:01:46 |
Richard Strauss | ||
8 | Kornblumen op. 22 Nr. 1 | 00:02:07 |
9 | Mohnblumen op. 22 Nr. 2 | 00:01:32 |
10 | Epheu op. 22 Nr. 3 | 00:03:14 |
11 | Wasserrose op. 22 Nr. 4 | 00:03:55 |
Arnold Schönberg | ||
12 | Galathea (aus: Brettl-Lieder) | 00:02:58 |
13 | Gigerlette (aus: Brettl-Lieder) | 00:01:59 |
14 | Der genügsame Liebhaber (aus: Brettl-Lieder) | 00:02:51 |
15 | Einfältiges Lied (aus: Brettl-Lieder) | 00:02:42 |
16 | Mahnung (aus: Brettl-Lieder) | 00:03:40 |
17 | Jedem das Seine (aus: Brettl-Lieder) | 00:04:22 |
18 | Arie aus dem Spiegel von Arkadien (aus: Brettl-Lieder) | 00:03:08 |
Richard Strauss | ||
19 | Ständchen op. 17 Nr. 2 | 00:02:41 |
Interpreten der Einspielung
- Maya Boog (Sopran)
- Michael Lakner (Klavier)