Flexible Sky
Music for Guitar & Strings
Bayer Records BR 100 386 CD
1 CD • 68min • 2014
05.10.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Han Jonkers und das Casal Quartett nennen ihre aktuelle CD „Flexible Sky“ und huldigen damit einem zeitgemäßen Prinzip – nämlich eine CD-Produktion mit mehreren Kompositionen unter ein übergreifendes Motto zu stellen. Das ist einmal der öffentlichen Positionierung zuträglich, und es gibt andererseits der Dramaturgie beim Musizieren und Hören eine Leitidee.
Der flexible Himmel, unter dem der niederländische Gitarristen Han Jonkers zusammen mit dem renommierten Casal Quartett musiziert, ist von transparenter, luftiger Klarheit. Dabei hat man hier auf die berühmte Sandwich-Methode zurück gegriffen: Mit Haydn beginnt es, dazwischen steht die musikalische Moderne und das titelgebende Stück, und zum Finale kommt man zurück auf einen Haydn-Nachfolger, nämlich Johann Ignaz Schnabel.
Aber dies dient hier nicht dazu, vermeintlich dem Neuen unaufgeschlossene Hörer bei der Stange zu halten – der Gitarrist und das Streicherensemble demonstrieren viel mehr, dass die hellhörige Auseinandersetzung mit dem Alten wie dem Neuen ein viel größeres Maß an intuitivem Gespür und Aufgeklärtheit bewirkt.
Haydns Quartett Hoboken Verzeichnis III:8 hat durch Han Jonkers eine raffinierte Transkription erfahren. Und zwar insofern, als die erste Violinstimme der Gitarre zukommt. So etwas macht den Klang-Raum für die Musik auf eigenwillige Weise luftig. Jonkers ist auf seinen Saiten ganz der empfindsame Lyriker. Zusammen mit dem nicht minder feinfühlig spielenden Casal Quartett lädt die Ordnung der Töne zum Durchatmen ein. Vor allem die subtilen Dur-Moll-Kontraste produzieren eine tiefgehende Innigkeit. Und die raffiniert gearbeiteten Menuette musizieren die Musiker mit raschem Schwung.
Dann ändern sich Farben und Stimmungen dramatisch! Wolfgang Muthspiel (ein Bruder des bekannten Jazzmusikers Christian Muthspiel) schreibt seinen Flexible Sky speziell dieser Besetzung auf den Leib. Sphärische Flagoletts, Glissandi, orchestrale Tremoloeffekte machen das Panorama unruhig. Durchsetzt ist dieses Wechselspiel mit Stilanleihen an die Moderne. Streng kontrapunktische Einschübe zwischendurch verstärken das collagenhafte Gesamterlebnis. Die Gitarre ist jetzt eher wie in einem Solokonzert herausgehoben, wenn sie in aufregender Spannung mit dem hier nun betont orchestral gesetzten Streichquartett dialogisiert. Die vielgestaltige Abfolge von insgesamt vier Sätzen tut ihr übriges, dass hier eine überaus bewegte Wetterfront den flexiblen Himmel durchzieht.
Dann lösen sich Turbulenzen wieder auf: Ein Ruhepol, ein fein gearbeitetes Meisterwerk ist Joseph Ignaz Schnabels Quintett für Gitarre und Streicherensemble. Das Werk ist eine der wenigen klassischen Kompositionen für diese Konstellation überhaupt, die hier übrigens zum ersten Mal auf CD vorliegt.
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Stefan Pieper [05.10.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Joseph Haydn | ||
1 | Quartett D-Dur Hob. III:8 für Gitarre, Violine, Viola und Violoncello | 00:22:38 |
Wolfgang Muthspiel | ||
6 | Flexible Sky für Gitarre und Streichquartett | 00:25:47 |
Joseph Schnabel | ||
10 | Quintett C-Dur für Gitarre und Streichquartett | 00:19:58 |
Interpreten der Einspielung
- Han Jonkers (Gitarre)
- Casal Quartett (Streichquartett)