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Besprechung CD

Luther in Worms

cpo 777 540-2

2 CD • 1h 44min • 2013

13.08.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Ein merkwürdiger, eigenbrötlerischer Kauz muß er gewesen sein, dieser Ludwig Meinardus (1827-1896), der schon während der Schul- und Studienzeit nichts auf die Reihe brachte und später, als ihm bescheidener Erfolg zuteil wurde, sich immer wieder mit wichtigen Leuten zerstritt und dadurch seinen Arbeitsplatz verlor. Sein szenisches Oratorium Luther in Worms, das den großen Auftritt des Reformators vor Kaiser Karl V. beim Reichstag von 1521 zum Thema hat, kam wohl zur rechten Zeit, denn es entstand in den Jahren der Reichsgründung nach dem Deutsch-Französischen Krieg, und Luther war damals einer der Gründungsmythen. Meinardus selbst war da, wie Ulrich Kahmann im sehr informativen Booklet-Text ausführt, schon seit längerem von der konservativen protestantischen Erweckungsbewegung geprägt.

Das Libretto des Theologen Wilhelm Rossmann versucht den vierschrötigen Kirchenstreiter Luther zur Erlöserfigur zu stilisieren und scheut dabei auch vor Analogien zu Jesus nicht zurück, wie er in den Evangelien beschrieben wird. „Hebe dich hinweg!“, ruft hier Luther dem Versucher Glapio zu, der ihm einen Bischofsstuhl anbietet, für den Fall, dass er seine Thesen widerruft. Als „Propheten“ feiert ihn der Chor. Meinardus tut ein Übriges, indem er Rezitative und Choräle dem Duktus der Bachschen Passionen angleicht. Ansonsten herrscht musikalisch ein gehobener akademischer Ton, der zum Zeitpunkt der Entstehung des Werkes schon deutlich rückwärtsgewandt war, und es nimmt Wunder, dass ausgerechnet Franz Liszt es war, der 1874 die Uraufführung des Werks in der Stadtkirche von Weimar initiierte.

Der WDR hat für die Wiederbelebung erste Kräfte aufgeboten – Musiker, die sich vor allem im Bereich der Alten Musik große Verdienste erworben haben. Concerto Köln unter Hermann Max putzt die eklektische Partitur auf Hochglanz heraus, mit viel Liebe zum instrumentalen Detail; die Rheinische Kantorei lässt den großen Chorpart eindrucksvoll aufblühen, allerdings wird dem Wohlklang oft der Text geopfert. Die dramatischen, manchmal opernhaften Aspekte des Werks werden vom Dirigenten etwas zurückgedrängt, die Gesangssolisten bewegen sich sämtlich im Rahmen gepflegten Oratoriengesangs, sind auch durchweg sehr leichtgewichtig besetzt. Am meisten überzeugt Clemens Löschmann mit seiner Evangelistenstimme in der Partie des Freundes Justus Jonas. Matthias Vieweg ist mit hellem lyrischen Bariton ein eher kontemplativer als kämpferischer Luther und auch Clemens Heidrich klingt als Ritter Ulrich von Hutten sehr soft. Dass dramaturgische Überlegungen bei der Besetzung keine Rolle gespielt haben, zeigt sich auch darin, dass der Bassist Markus Flaig in einer Szene unmittelbar nacheinander sowohl den Luther-Freund Friedrich den Weisen als auch den hasserfüllten Luther-Gegner Glapio singt.

Ein zu Unrecht vergessenes Meisterwerk ist Luther in Worms zwar nicht, aber die Mühe der Ausgrabung hat sich dennoch gelohnt, und ich bin sicher, man wird diesem Oratorium im Lutherjahr 2017 da und dort begegnen, möglicherweise sogar in szenischer oder halbszenischer Form.

Ekkehard Pluta [13.08.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig Meinardus
1Luther in Worms op. 36 (Oratorium in zwei Teilen) 01:43:40

Interpreten der Einspielung

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