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Besprechung CD

Claude Delvincourt

L'œuvre pour violon et piano

Azur Classical AZC 121

1 CD • 73min • 2012, 2014

12.01.2015

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Es ist erstaunlich, wie häufig in den letzten Jahren besonders von kleinen spezialisierten Labels sehr gute französische Komponisten aus der Zeit Debussys und Ravels bekannt gemacht wurden, die zwar die überragende Stellungen dieser beiden Meister nicht wirklich in Frage stellen, aber doch nachdrücklich aufzeigen, wie reich die Szene zwischen Jahrhundertwende und Jahrhundertmitte war. Jean Cras, Emile Goué, von halbwegs bekannten Autoren wie André Caplet ganz zu schweigen, hatten Eigenständiges beizutragen, Werke, die zwar die Musikgeschichte nicht so stark vorantrieben wie etwa Debussy oder auch Ravel, die aber das Kennenlernen durchaus lohnen.

Die verdienstvolle Firma Azur Classical hat nun eine Kammermusikreihe mit Werken Claude Delvincourts begonnen, die sich mit der ersten vorliegenden Produktion sehr vielversprechend anläßt. Delvincourts wurde 1888 geboren – also kurz nach Schoeck oder Villa-Lobos etwa –, wurde unter anderem von Boellmann und Widor ausgebildet und gewann 1913 den Prix de Rome. Im Ersten Weltkrieg schwer verwundet, zeigte er später großes administratives Talent und wurde Direktor zunächst des Konservatoriums in Versailles, dann, während der Besatzung durch die Nazis, des Pariser Konservatoriums, wo er einige Schüler vor der Deportation retten konnte. Als Konservatoriumsdirektor holte er unter anderem Messiaen an das Haus und präsentiert sich damit als eine Art Vermittler zwischen den Generationen. 1954 starb Delvincourt bei einem Autounfall.

Die vier hier vorgestellten Stücke wirken sämtlich, obwohl sie aus verschiedenen Schaffensperioden stammen, handwerklich sicher, sind an einer vollen Klanglichkeit orientiert und komplex, ohne den Hörer je zu überfordern. Besonders gelungen ist jeweils das formale Verhältnis von Variation und Abwechslung; in der Violinsonate von 1922 etwa erscheint eine solche Vielfalt lebendiger Gestalten, dass das Zuhören wahrlich kurzweilig ist. Der Fluß der Musik ist in diesem für Delvincourt wohl repräsentativsten Stück fast improvisatorisch gehalten, aber viel konstruktiver, durchdachter als eine tatsächliche, rein spontane Improvisation; es stellt sich der Eindruck einer großen Freiheit des Komponierens her. Der Geiger Eliot Lawson und die Pianistin Diane Andersen tragen diese vielgestaltige Musik mit großem Verständnis vor, hören wirklich aufeinander und erreichen, wenngleich das Klavier wie schon bei früheren Azur-Produktionen ein wenig dumpf und glasig abgebildet wird, eine ausgeglichene Balance.

In den übrigen Stücken driften die Stile teils weit auseinander. In der bislang noch nicht einmal editierten Jugendsonate von 1907 offenbart Delvincourt einige Anknüpfungspunkte, etwa die Süße des hohen Klavierdiskants bei Beethoven und Schubert, aber auch ferne Anklänge an die Hochromantik von Chopin und Brahms. Dagegen aktualisieren die reifen „Danceries“ von 1934 alte Formen wie Rondo, Bourrée und Farandole, ohne jedoch offen klassizistisch zu werden oder Zitate zu montieren, dafür voller Witz, Frechheit und nicht gleich pathologisch werdender Skurrilität. Man darf sich auf die nächste Folge mit Einblicken in das interessante Oeuvre Claude Delvincourts freuen.

Prof. Michael B. Weiß [12.01.2015]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Claude Delvincourt
1Ronde (à Robert Soëtens) 00:01:53
2Bourrée (à Léon Temerson) 00:02:16
3Basquaise (à Xavier de Marichalar) 00:02:36
4Louisiane (à Robert Benedetti) 00:03:47
5Frarandole (à Gabriel Bouillon) 00:02:39
6Sonate für Violine und Klavier (à Jeanne Zimmermann) 00:29:17
9Contemplation (à Carmen Forte) 00:04:23
10Sonate de jeunesse inédite 00:26:36

Interpreten der Einspielung

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