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Besprechung CD

Musique à la Chabotterie 605013

3 CD • 3h 22min • 2013

22.07.2014

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Als Jean-Philippe Rameau seine erste Oper schrieb, war er fünfzig Jahre alt und bereits ein erfolgreicher Komponist – Hippolyte et Aricie war eine tragédie en musique, die schon damals altehrwürdige französische Form des Musikdramas, sechzig Jahre zuvor von Jean-Baptiste Lully und seinem Librettisten Philippe Quinault geschaffen. 1735 debütiert Rameau im zweiten Operngenre, dem opéra ballet, das André Campra 1697 mit L’Europe Galante nach ersten Versuchen des Komponisten Pascal Colasse definitiv aus der Taufe gehoben hatte; wahrscheinlich nicht ohne ehrende Bezugnahme aus dieses Werk führt Rameaus erstes Werk in diesem Genre den Titel Les Indes Galantes. Im Unterschied zur rigiden Form der tragédie lyrique erlaubte das opéra-ballet eine größere formale Freiheit in seiner Kombination von musikdramatischer Handlung und ausgiebigen Balletteinlagen. Auf einen Prolog, der wie so häufig in der Sphäre der antiken Gottheiten angesiedelt ist, folgen vier entrées, wie die Akte im opéra-ballet üblicherweise heißen. Zunächst waren dieser Auftritte allerdings nur drei, sie entführten das Publikum in die exotischen Gefilde der Türkei, zu den Inkas in Peru und nach Persien. 1736, als Les Indes Galantes sich als großer Erfolg herausgestellt hatten, kam ein vierter Auftritt hinzu, der von den „Indianern“ Nordamerikas handelt – 10 Jahre zuvor hatten Siedler aus Illinois (damals ein Teil der bis an die großen Seen reichenden französischen Kolonie Louisiana, deren Südspitze heute den US-Bundestaat gleichen Namens darstellt) eine Gruppe von Indianerhäuptlingen ins Mutterland geschickt, die von den Parisern weidlich bestaunt worden waren.

Les Indes Galantes hielt sich bis 1761 auf der Bühne der Académie Royale de Musique und wurde auch nach dem Tod von Rameau 1764 noch einige Male in Auszügen gegeben. 1773 verschwand das Werk in der Versenkung, um 1925 in einer Orchestration von Paul Dukas seine Auferstehung zu feiern. Seine Diskographie entwickelte sich in Zehn-Jahres-Sprüngen: 1973 nahm Jean-Claude Malgoire es auf, ein Jahr später folgte Jean-François Paillard, 1991 entstand die Vergleichseinspielung mit William Christie und seinen Les Arts Florissants, 2003 sein Mitschnitt auf DVD in der Opéra National de Paris. Die hier zu besprechende Veröffentlichung wurde am 16. und 17. Januar 2013 im Wiener Konzerthaus mitgeschnitten.

Hugo Reyne ist Gründer und Leiter des Ensembles La Simphonie du Marais, Dirigent dieser Einspielung und seit 2003 künstlerischer Leiter des Festivals Musiques à la Chabotterie in der Vendée, das sich seit einigen Jahren ein eigenes CD-Label leistet. Mit William Christie ist Reyne altvertraut, saß er doch von 1983 bis 1996 als erster Flötist im Orchester von Les Arts Florissants. Es nimmt daher vielleicht nicht allzu sehr Wunder, wenn schon William Christies beide Versionen von Les Indes Galantes einen Weg andeuten, den Hugo Reyne jetzt konsequent weiter beschritten hat: Die dramatische Kohärenz des zunächst bunt wirkenden Geschehens wird von Aufnahme zu Aufnahme deutlicher: Der schon im Prolog angedeutete Sieg des Amor über die Göttin Bellona, Schwester des Mars und ebenso kriegerisch wie dieser, scheint nach einer diesem Thema gewidmeten Reise um die Welt in der Chaconne am Schluss des Werks vollkommen.

Bei der Zusammensetzung der Vokalbesetzung bewies Hugo Reyne ein vergleichbares Geschick mit den überaus harmonischen Solistengruppen, die William Christie für seine beiden Aufnahmen versammelt hat – in allen drei Aufnahmen ergänzen sich die Timbres und die stimmlichen Leistungen der Einzelnen perfekt. Eine hervorragende Aufnahmetechnik lässt zudem in der hier zu besprechenden Neuaufnahme die überaus farbige Orchestration von Jean-Philippe Rameau wunderbar zur Geltung kommen. Fazit: Eine Aufnahme voll dramatischer Präsenz, die allerdings nie auf Kosten der Schönheit übertrieben wird; Noblesse, Eleganz und Grazie machen diese Box mit drei CDs zu einem Juwel der Rameau-Diskographie.

Vergleichseinspielungen: CD: Les Arts Florissants, William Christie, WVÖ in „Opéra baroque“ HMX 2908658/99 (AD: 1991), 2 DVDs: Les Arts Florissants, William Christie, Opus Arte OA 0923

[22.07.2014]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Jean-Philippe Rameau
1Les Indes galantes (Ballet heroïque en 1 Prologue et 4 Entrées)

Interpreten der Einspielung

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