Ignaz Pleyel Preußische Quartette 1-3
cpo 777 777-2
1 CD • 53min • 2011
14.04.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eine besonders traurige Wirtschaftsnachricht vom Ende des vergangenen Jahres hat es nicht in die Schlagzeilen geschafft, wohl, weil sie zu unbedeutend scheint: Ende 2013 wurde in der Pariser Klavierfabrik Pleyel, Wolff et Comp. die Produktion eingestellt. Damit ging eine über 200jährige Erfolgsgeschichte zu Ende: 1807 hatte Ignaz Josef Pleyel die Manufaktur gegründet, sein Sohn Camille hatte sie zum Blühen gebracht. In einer wunderbaren Wendung fällt das Ende der Werkstatt Pleyel mit der Wiederentdeckung des kompositorischen Schaffens des gebürtigen Österreichers Ignaz Pleyl zusammen (das „e“ in seinem Nachnamen hatte er sich erst in Frankreich zugelegt).
Unter all den wiederentdeckten Komponisten der zweiten oder dritten Reihe ist Pleyel, dessen Oeuvre noch zu seinen Lebzeiten vergessen worden war, sicherlich einer der interessantesten. Von Joseph Haydn erhielt er einen offenkundig sehr fruchtbaren Unterricht, Mozart schätzte seine Streichquartette; schon er wies auf den Einfluß hin, den Haydn zweifellos auf Pleyels Komponieren hatte. Die hier vorgelegten ersten drei Quartette aus der Sammlung mit dem Beinamen „Preußische“ (Benton-Verzeichnis 331 – 333) zeigen in allen Sätzen die hohe Qualität der kompositorischen Arbeit Pleyels. Zumindest in diesen Werken jedoch kann man auch einen Unterschied zu Haydn und Mozart feststellen: Pleyels Stücke sind auf bemerkenswerte Weise frei von Emotionen, reine Musik, und damit im besten Sinne Unterhaltung: In der Bedeutung des 18. Jahrhunderts meint das ja die Unterhaltung des sinnlichen Vermögens, das ästhetisches Vergnügen hervorruft, und die gleichzeitige Unterhaltung des Intellekts, weil man nachzuvollziehende Strukturen geboten bekommt, weder überfordert noch gelangweilt wird. Diese Reinheit von Emotionen wird auch dann nicht getrübt, wenn sich in den Durchführungen die Musik in Moll-Tonarten begibt. Selbst das d-Moll-Quartett eröffnet entgegen der historischen Besetzung dieser Tonart keine Gefühlstiefen.
Die Interpretationen des Pleyel Quartetts Köln spiegeln diesen Zug von Pleyels Quartetten sehr deutlich wider. Gespielt wird historisch informiert und vibratoarm auf Darmsaiten; die Intonation ist gut, die Dynamik sehr differenziert, die Transparenz des Gesamtklangs angenehm. Bisweilen aber scheint es auch so, daß das Ensemble zu gemessen vorgeht: Der Kopfsatz des d-moll-Quartetts etwa ist mit „Allegro agitato“ überschrieben, man könnte sich durchaus auch eine erregtere Spielweise vorstellen, welche die atemlosen, gehetzten Motive weniger aufgeräumt als vielmehr bildhaft realisiert. Auch fragt sich, ob in den jeweils sehr kurzen langsamen Sätzen nicht auch ein wenig Volumengebung und Ausbreitung des Klangs das Gewicht der Musik erhöht hätte; besonders gilt das für das „Adagio ma non troppo“ des B-Dur-Quartetts, das immerhin mit „con espressione“ überschrieben ist und hier einen Tick zu blaß wirkt. Hier stößt, wie immer, das vibratoarme Spiel zu rasch an seine Grenzen. Freilich ändern diese kleinen Kritikpunkte nichts an der Tatsache, daß die Wiederentdeckung Pleyels lohnend ist und fortgesetzt werden sollte.
Prof. Michael B. Weiß [14.04.2014]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ignaz Pleyel | ||
1 | Streichquartett B-Dur Ben 331 (Preußisches Qaurtett Nr. 1) | 00:17:02 |
4 | Streichquartett G-Dur Ben 332 (Preußisches Quartett Nr. 2) | 00:18:18 |
7 | Streichquartett d-Moll Ben 333 (Preußisches Quartett Nr. 3) | 00:17:36 |
Interpreten der Einspielung
- Pleyel Quartett Köln (Streichquartett)