Telemann
Overtures pittoresques
BIS 1979
1 CD/SACD stereo/surround • 77min • 2012
22.04.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Ouvertures pittoresques: Schon im Titel der CD deutet sich der Vorsatz an, Georg Philipp Telemann als Tonmaler vorzustellen. Auch Zeitgenossen stellten als spezifische Begabung fest, „ … dass keiner mit stärkeren Zügen malt und die Einbildungskraft mehr zu erheben weiß als er“: Das behauptete Christoph Daniel Ebeling 1770, drei Jahre nach dem Tod des Komponisten. Aus allen Stilen seiner Zeit formte Telemann seinen überaus prägnanten Personalstil, der ihn mit seiner persönlichen „réunion des goûts“ als wahren musikalischen Kosmopoliten ausweist.
Der Elsässer Martin Gester und das polnische Ensemble Arte dei Suonatori erweisen sich auf dieser CD als ebenbürtige musikalische Kosmopoliten. Mit sicherem Strich wird Telemanns Lebenslinie nachgezeichnet: Zwei Concertos polonois zeugen von den Einflüssen polnischer Volksmusik, die der Komponist während seiner ersten Anstellung in Sorau in der Niederlausitz empfing. Der Frankfurter Zeit entstammt eine repräsentative Ouvertüre für den benachbarten Hof in Darmstadt. Die Jahre in Hamburg werden mit der Völker-Ouvertüre präsent, einer Reise von der Türkei über die Schweiz und Moskau bis nach Portugal. Die späte, jedoch ungetrübte Meisterschaft spiegelt sich in der Suite tragi-comique: Die Krankheiten, die Telemann darin schildert, kannte er möglicherweise aus eigenem Erleben und empfiehlt mit sanfter Ironie als eines der Heilmittel tapferes Aushalten. Dieser souffrance héroïque folgt als Rondeau die Zeichnung eines Petit-Maître, laut Universal-Lexicon von 1732 ein Geck, der „Caffee-Sauf=, Spiel= und Hurenhäuser“ besucht. Als letzte gepriesene Medizin endet die Suite tragi-comique furios im petite-maison – dem Freudenhaus also, das bei gleicher Aussprache auch an die Pariser Petites Maisons erinnern kann (so hieß dort das Irrenhaus). Der „etwas satyrische Herr Telemann“, wie Carl Heinrich Graun den Komponisten 1756 nannte, beweist auch im hohen Alter Humor!
Souverän, liebevoll und elegant führt Martin Gester seine erstklassigen Musiker und die Zuhörer durch das Programm. Da ist nichts zu spüren von jener spritzigen virtuosen Selbstdarstellung, die gelegentlich CDs mit Barockmusik vergröbert. Ein purer Genuss, „ohne seinen Geschmack im geringsten zu verwirren oder zu verderben, … allemal schön, vortrefflich", wie Johann Adolph Scheibe 1740 über Georg Philipp Telemann selbst schreibt.
[22.04.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Philipp Telemann | ||
1 | Ouvertüre D-Dur TWV 55:D15 für 3 Oboen, Streicher und basso continuo | 00:22:47 |
9 | Ouverture B-Dur TWV 55:B5 für Streicher und B.c. | 00:21:59 |
17 | Concerto polonois B-Dur TWV 43:B3 für Streicher und B.c. | 00:08:52 |
21 | Concerto polonois G-Dur TWV 43:G7 für Streicher und B.c. | 00:08:14 |
25 | Ouverture D-Dur TWV 55:D22 für 3 Trompeten, Pauken, Streicher und B.c. | 00:14:08 |
Interpreten der Einspielung
- Arte dei Suonatori (Orchester)
- Martin Gester (Dirigent)