
BIS 1944
1 CD/SACD stereo/surround • 55min • 2011
11.02.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Hammerflügel-Branche hat Konjunktur, sie erfährt durch den jungen, zum Teil auch schon etwas reiferen Nachwuchs enorme Belebung. Und sie sie bietet all jenen Verfechtern eines den alten Zeiten aufführungspraktisch zumindest genauer nachspürenden Musizieren sozusagen ästhetische Rückendeckung. Und wenn dann ein technisch ungemein versierter, im Flinken wie im Innehaltenden souveräner Instrumentalist wie Ronald Brautigam am Werk ist, dann verneigen sich selbst solche Musikfreunde, die auf den (längst nicht mehr so) modernen Konzertflügel abonniert sind. Ich wage es, dies so generell zu formulieren, weil ich es an mir selbst erlebt habe und in meinem Bekannten- und Freundeskreis nicht wenige sich unter dem Eindruck der Mozart- und Beethoven-Einspielungen des Interpreten mit großem Interesse dem gekonnten Spiel auf älteren oder auch kopierten Imstrumenten zugewandt haben.
Brautigam bietet hier zusammen mit der prächtig funktionierenden, in den Dialogpassagen mit dem Partner am Hammerflügel aufmerksam und dynamisch ausgewogen mitspielenden Kölner Akademie unter der Leitung von Michael Alexander Willens eine Leistung, die den unterschiedlichen Charakteren und auch den variablen Modalitäten der Spieltechnik unter dem Schirm eines schönen, wenn nötig auch nervigen, ja dramatisierend nervösen Klangbildes absolut gerecht wird. Die eleganten Ausgelassenheiten in den Ecksätzen des G-Dur-Konzerts, der zuweilen geradezu pompöse Ernst in den rhetorischen Verdunklungen des verbindenden Andante-Abschnitts wirken bis in die Fingerspitzen erfühlt. Dies freilich ohne sich einer übertriebenen Selbst- und Hörerbeweihräucherung schuldig zu machen. Im pianistisch anspruchsvollen, in den Rahmenteilen extrem geläufigen D-Dur-Konzert zeigt sich Bräutigam als beherrscht operierender Navigator. Er läuft und krabbelt über die Tasten wie auf einer musikalischen Slalomsstrecke, die Mozart (war er es wirklich?) für den selbstbewussten Virtuosen, das heißt: wie als Vorleistung für kommende Klavierakrobaten wie Moscheles, Czerny, Herz, Pixis, Thalberg, Hummel oder auch den jungen Liszt ausgesteckt hat.
Ronald Brautigam hütet sich, seine Wendigkeit und die damit ermöglichte Schnelligkeit der Skalen und Akkordzerlegungen durch Überhitzung und Atemlosigkeit zu entwerten. Ich hebe das deswegen hervor, weil ich vom Oktober des vergangenen Jahres eine Radio-Sendung zu hören bekam, die eine solche gefährliche Entwicklung im Spiel des bislang zu Recht hoch gelobten Kristian Bezuidenhout anzeigte. Mit dem Freiburger Barockorchester raste und ratterte der südafrikanische Liebling der europäischen Veranstalter durch das G-Dur-Konzert (KV 453) – gleichsam ohne Blicke nach links und rechts. Und wie man meinen konnte, auch ohne Blick in den gestalterischen Rückspiegel, wenn Gottfried van der Goltz und seine Musici kaum folgen konnten.
Peter Cossé † [11.02.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 17 G-Dur KV 453 | 00:26:46 |
4 | Klavierkonzert Nr. 26 D-Dur KV 537 (Krönungskonzert) | 00:27:31 |
Interpreten der Einspielung
- Ronald Brautigam (Fortepiano)
- Die Kölner Akademie (Orchester)
- Michael Alexander Willens (Dirigent)