Elína Garanca Romantique
DG 479 0071
1 CD • 61min • 2012
19.09.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Begriff „romantisch“ gehört, besonders auf Musik bezogen, zu den abgenutztesten und sinnfreiesten Vokabeln, da er im allgemeinen Sprachgebrauch weder eine Epoche bezeichnet noch stilistische Eigenschaften definiert. Wenn alles, was – laut Booklet-Text – von „Liebe und Verzweiflung“ handelt, romantisch genannt wird, dann sind 90 Prozent aller komponierten Opern romantisch. Aber „romantisch“ verkauft sich immer gut, erst recht in der aparten französischen Schreibweise, und wohl deshalb hat Elna Garanas neues Recital dieses nichtssagende Etikett verpasst bekommen.
Nach dem Album „Habanera“, das ihre viel gelobte Carmen ins Umfeld spanischer und von Zigeunermelodik inspirierter Musik stellte, vertieft die lettische Sängerin hier vor allem ihr französisches Opern-Repertoire und präsentiert sich dabei mit einigen Titeln, die vor ihr – auf den Spuren der legendären Pauline Viardot-Garcia – Marilyn Horne und Vesselina Kasarova aufgenommen haben.
Garanas heller, nordisch-klarer und etwas kühler Mezzo, der in Farbe und Tessitura eher zum Sopran als zum Contralto tendiert, ist von Natur aus nicht das ideale Instrument für die meisten der hier vorgeführten Partien und die Sängerin versucht gelegentlich, die Stimme etwas einzufärben, um mediterranes und sinnliches Flair herzustellen. Doch ihr sicherer musikalischer Geschmack schützt sie vor Übertreibungen, und so kommt sie auch in Dalilas Schlager „Mon coeur s’ouvre à ta voix“ ohne erotische Drücker aus. Rezitativ, Arie und Cabaletta der Léonore in der französischen Originalfassung von Donizettis La Favorite gestaltet sie eher aus dem Geiste Verdis als im Sinne romantischen Belcantos, da lässt sich schon eine Eboli vorausahnen. Drei Titel sind Charles Gounod gewidmet, darunter die „Unsterbliche Leier“ aus der für die Viardot geschriebenen Sapho und eine Arie aus der heute ebenfalls nicht mehr gespielten Reine de Saba. In beiden Fällen balanciert Garan geschickt zwischen lyrischer Ruhe und dramatischer Expansion. Die Ariette des Siebel aus Faust wird als Pretiose serviert und über den dramaturgischen Anlaß hinaus etwas „aufgemotzt“. Das liegt auch an dem Dirigenten Yves Abel, der mit dem Orchester aus Bologna sehr engagiert und manchmal etwas zu ehrgeizig begleitet, dabei einem Hang zum Retardieren frönt und die instrumentalen Zwischenspiele geradezu zelebriert. Das treibt insbesondere die Arie der Marguérite aus La damnation de Faust („D’amour l’ardente flamme“) an den Rand des Manieristischen, die in liedhafter Einfachheit stärkere Wirkung entfaltet.
Am meisten überzeugen mich in diesem Album die Arie der Johanna aus Tschaikowskys Jungfrau von Orleans und eine Arie des Romeo aus Vaccais Giulietta e Romeo, weil die Sängerin hier ganz bei sich ist, ihrem natürlichen Timbre vertraut und durch klare Linienführung besticht.
Ekkehard Pluta [19.09.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Gaetano Donizetti | ||
1 | L'ai-je bien entendu? ... Ô mon Fernand! (Léonore - aus: La Favorite) | 00:08:25 |
Camille Saint-Saëns | ||
2 | Mon coeur s'ouvre à ta voix (Arie der Dalila - aus: Samson et Dalila) | 00:06:15 |
Peter Tschaikowsky | ||
3 | Da, cas nastal! ... Prostite vi, kholmi, polya rodnye (aus: Die Jungfrau von Orléans) | 00:06:26 |
Charles Gounod | ||
4 | Ô ma lyre immortelle (Sapho - aus: Sapho) | 00:07:55 |
5 | Faites-lui mes aveux (Siébel - aus: Faust) | 00:04:21 |
Nicola Vaccaj | ||
6 | Oh, vista è dessa! ... Ah! se tu dormi (Romeo - aus: Giulietta et Romeo) | 00:05:45 |
Hector Berlioz | ||
7 | D' amour l'ardente flamme (Marguerite - aus: La damnation de Faust) | 00:08:51 |
Edouard Lalò | ||
8 | De tous côtés j'aperçois dans la plaine ... Lorsque je t'ai vu soudain (Margared - aus: Le Roi d'Ys) | 00:06:30 |
Charles Gounod | ||
9 | Me voilà seule, enfin! ... Plus grand dans son obscurité (Balkis - aus: La Reine de Saba) | 00:06:14 |
Interpreten der Einspielung
- Elīna Garanča (Mezzosopran)
- Filarmonica del Teatro Comunale di Bologna (Orchester)
- Yves Abel (Dirigent)