Frédéric Chopin Various Works
Tacet 202
1 CD • 80min • 2011
21.09.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Aus dem Impressum der insgesamt untadelig gefertigten, informativ begleiteten Tacet-Edition mit der 13. Ausgabe von Evgeni Koroliovs Repertoire-Erkundungen ist zu erfahren, dass die Einspielungen in der Berliner Jesus-Christus-Kirche entstanden sind. Nun wäre das nichts Besonderes, denn diese geistliche Architektur im Stadtteil Dahlem hat schon zahlreichen Interpreten als Stätte medialer Verkündigung gedient. Und auch der eine oder andere musikalische Sündenfall dürfte dort Vergebung gefunden haben. Bei dieser speziellen Gelegenheit aber liegt es nahe, von einem überkonfessionellen Gottesdienst zu sprechen, von einer Weiheveranstaltung im Namen Chopins, deren ernste, gemessene Stimmung nicht einmal den Ansatz eines unpassenden Benehmens erkennen lässt. Nun gehören weder die Balladen noch die Scherzi, schon gar nicht das schwermütige cis-Moll-Prélude op. 45 in die Gattung sonniger Lustbarkeiten. Auch die beiden hier gespielten Nocturnes zählen zum eher schattigen Repertoire. Noch am ehesten wird man den vier Impromptus eine hellere, diesseitige Charakteristik nachsagen, unabhängig davon freilich, wie ein Pianist sie anfasst, um sie mit Bravour, mit musiksprachlicher Spitzfindigkeit und geordneter Technik zu Gehör zu schenken. Koroliov nun erlaubt sich keine Seitenblicke, referiert ? einem interpretatorischen Privatissimum nahe kommend ? das ihm anvertraute Material in einer wie abgehobenen Atmosphäre heiliger Korrektheit, lässt sich nichts zu Schulden kommen, scheint sich stets auf der richtigen Seiten zu fühlen.
Die Folge – aus meiner persönlichen Sicht – ist, dass sich bei allem Respekt vor dem Können, vor der Sachlichkeit und vor der Unangefochtenheit des Vortragenden jene immer wieder aufkeimende Langeweile einstellt (und zu bekämpfen ist), die den Hörer auch bei vielen Predigten überkommt. Die verschiedenen Werktypen wirken wie für Koroliov maßgeschneidert. Und zugleich so eng bemessen, dass es in und mit ihnen kaum erlaubt ist, sich frei oder gar übermütig zu bewegen. In seinem Chopin-Verfahren scheint das Vorhersehbare geadelt und im selben Moment einer edlen Degeneriertheit zu verfallen, nämlich unter Verlust des Augenblicklichen, der Verrücktheit im besten Sinn. Kurzum: alles hier geschieht mit rechten Dingen, aber es passiert nur allzu wenig.
Peter Cossé † [21.09.2012]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Frédéric Chopin | ||
1 | Ballade Nr. 4 f-Moll op. 52 Nr. 4 | 00:12:56 |
2 | Nocturne Nr. 7 cis-Moll op. 27 Nr. 1 | 00:05:12 |
3 | Nocturne Nr. 14 fis-Moll op. 48 Nr. 2 | 00:07:35 |
4 | Barcarolle Fis-Dur op. 60 | 00:09:19 |
5 | Impromptu Nr. 1 As-Dur op. 29 | 00:03:46 |
6 | Impromptu Nr. 2 Fis-Dur op. 36 | 00:05:38 |
7 | Impromptu Nr. 3 Ges-Dur op. 51 | 00:05:59 |
8 | Impromptu Nr. 4 cis-Moll op. 66 (Fantaisie-Impromptu) | 00:05:04 |
9 | Prélude cis-Moll op. 45 | 00:05:24 |
10 | Scherzo Nr. 4 E-Dur op. 54 | 00:11:43 |
11 | Grande Valse Brillante a-Moll op. 34 Nr. 2 | 00:06:16 |
Interpreten der Einspielung
- Evgeni Koroliov (Klavier)