Ondine ODE 1195-2
1 CD • 69min • 2008, 2009
07.12.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Koppelung der in einem Abstand von zehn Jahren komponierten Violinkonzerte von Mendelssohn und Schumann ist rezeptionsgeschichtlich interessant – hatten doch die Nazis letzteres dazu ausersehen, die durch Verbot des beliebten Mendelssohn-Konzertes entstandene Repertoire-Lücke zu schließen. Die Uraufführung fand 1937 in einer entstellenden Bearbeitung statt, erst in jüngerer Zeit hat sich das Werk nach Vorliegen einer zuverlässigen Ausgabe der Originalfassung einen Platz im Repertoire erobert.
An Aufnahmen von Felix Mendelssohns e-Moll-Konzert herrscht wahrlich kein Mangel. Der Katalog listet einige Dutzend Einspielungen auf – diesen eine weitere hinzuzufügen, sollten triftige Gründe vorliegen. Zumindest wäre zu erwarten, dass die Fehler der Vergangenheit vermieden werden. Dies ist bei Christian Tetzlaff leider nicht der Fall: Auch er verwechselt im Kopfsatz Leidenschaft mit Hast, betont auf dem auflösenden vierten Takt des Themas und baut zwei Takte später sogar noch einen weder von Mendelssohn stammenden noch irgendwie motivierten Echo-Effekt ein. Die Melodielinien des Andante leiden unter unruhiger Tongebung und wirken nicht genügend ausgespielt. Am ehesten gefällt das Finale, wo das lockere Spiel und der schlanke Klang des Orchesters das eilige Tempo eben noch rechtfertigen können. Hier ist der Geiger in seinem Element.
Diesen Eindruck hat man bei den beiden Schumann-Werken nicht unbedingt, zu denen der spitze, wenig modulationsfähige Ton, das nervöse Vibrato und das glatte, mitunter etwas parfümiert wirkende Spiel Tetzlaffs kaum passen wollen. In jüngerer Zeit sind von diesen sehr zu Unrecht lange missachteten Spätwerken mehrere respektable Einspielungen erschienen, mit denen die vorliegende kaum konkurrieren kann. Hört man sich den überirdischen langsamen Satz des Violinkonzerts etwa von Lena Neudauer an, so weiß man, wo Tetzlaffs Defizite liegen. Dass der Geiger die exorbitanten technischen Schwierigkeiten des Finales mühelos meistern würde, war zu erwarten – ebenso, dass er sich kaum auf das von Schumann geforderte „sehr stattliche" langsame Tempo der Polonaise einlassen würde.
So bleiben trotz der sauberen Leistung des Frankfurter Radio-Sinfonieorchesters unter Paavo Järvi bei dieser Produktion musikalisch doch einige Fragen offen und die triftigen Gründe für ihre Veröffentlichung im Dunkeln.
Sixtus König † † [07.12.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Robert Schumann | ||
1 | Fantasie C-Dur op. 131 für Violine und Orchester | 00:13:12 |
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
2 | Violin Concerto e minor op. 64 for Violin and Orchestra | 00:26:16 |
Robert Schumann | ||
5 | Violin Concerto d minor WoO 1 for Violin and Orchestra | 00:29:10 |
Interpreten der Einspielung
- Christian Tetzlaff (Violine)
- Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt (Orchester)
- Paavo Järvi (Dirigent)