Tudor 7183
1 CD/SACD stereo/surround • 68min • 2010
14.11.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die beiden Serenaden und die Variationen über ein Thema von Haydn waren für Johannes Brahms wichtige Stationen auf dem Weg zur Sinfonie, vor der er angesichts des „Riesen" Beethoven gewaltigen Respekt hatte. Hier konnte er sich im Umgang mit dem für ihn neuen Medium Orchester erproben. Die ursprünglich als Nonett geplante D-Dur-Serenade aus dem Jahr 1858 war das erste Orchesterwerk von Brahms und zeugt von seiner ausführlichen Beschäftigung mit den Klassikern. Während die ersten drei Sätze – ein heiteres Sonaten-Allegro, ein dämonisches Scherzo und ein kontrapunktisch dicht gearbeitetes Adagio – von Umfang und Gehalt her durchaus sinfonisches Format besitzen, sind die folgenden Sätze – zwei Menuette, ein Beethovensches Scherzo und ein ungarisch angehauchtes Final-Rondo – knapp gehalten und entsprechen dem traditionellen Serenaden-Charakter.
Brahms' durch intensives Studium erworbene handwerkliche Fähigkeiten ebenso wie seine künstlerische Kreativität spiegeln die Haydn-Variationen, komponiert 1873 während der Arbeit an der ersten Sinfonie und noch im gleichen Jahr in Wien uraufgeführt. Der aus einem Joseph Haydn zugeschriebenen Bläser-Divertimento stammende „Chorale St. Antoni" – vermutlich ein altes Wallfahrtslied – wird in acht Variationen ganz unterschiedlichen Charakters verarbeitet, deren Abfolge einer kunstvollen Dramaturgie gehorcht, bis eine Passacaglia (wie später in der 4. Sinfonie) das Werk krönt. Die Instrumentierung entspricht der klassischen sinfonischen Besetzung, erweitert um Piccoloflöte und Kontrafagott (allerdings ohne die im Booklet-Text fälschlich aufgeführten Posaunen). Ebenfalls 1873 orchestrierte Brahms drei seiner populären Ungarischen Tänze, die hier quasi als Zugabe mit aufgenommen sind.
Die Bamberger Symphoniker spielen unter der Leitung ihres Ersten Gastdirigenten, des englischen Jungstars Robin Ticciati, sehr gepflegt und auf schlanken Klang bedacht, wobei manches etwas leichtgewichtig und damit unverbindlich gerät. Der „männliche" Brahms kommt hier kaum zu Wort. Der Ausdrucksradius der Variationen erscheint eingeschränkt, und die Serenade könnte durchaus etwas mehr „Biss" vertragen. Ob Wallfahrer oder Menuett-Tänzer: Bei dem englischen Senkrechtstarter haben es alle ein wenig (zu) eilig. Am besten gelingen ihm daher die raschen Variationen Nr. 5 und 8. In der Serenade wird auf genaue Umsetzung der Dynamik geachtet, doch die rhythmische Komponente etwas nachlässig behandelt. Im Scherzo vermisst man die Stabilität der Synkopen, und die Verlängerung der Pausen auf Kosten der punktierten Achtel lässt das Thema des Adagios auseinander fallen. Ansprechend gelungen sind die Ungarischen Tänze.
Sixtus König † † [14.11.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Variationen über ein Thema von Joseph Haydn B-Dur op. 56 | 00:17:33 |
10 | Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11 | 00:43:33 |
17 | Ungarischer Tanz Nr. 1 g-Moll – Allegro molto | 00:03:01 |
18 | Ungarischer Tanz Nr. 3 F-Dur – Allegretto | 00:02:25 |
19 | Ungarischer Tanz Nr. 10 F-Dur – Presto | 00:01:50 |
Interpreten der Einspielung
- Bamberger Symphoniker - Bayerische Staatsphilharmonie (Orchester)
- Robin Ticciati (Dirigent)