
cpo 777 629-2
2 CD • 1h 40min • 2010
23.05.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Das „Musik Theater Schönbrunn", eine Wiener Institution, die seit 2005 besteht, widmet sich in den Sommermonaten der Wiener Operette, speziell jenen einstigen Erfolgsstücken, die mittlerweile in Vergessenheit geraten sind. Im Jahr 2010 wurde den Besuchern des historischen Schönbrunner Schlosstheaters ein Werk geboten, das nur wenig mit den Traditionen der „goldenen" oder „silbernen" Wiener Operetten-Ära zu tun hat: Die Winzerbraut von Oskar Nedbal (uraufgeführt 1916 im Theater an der Wien) spielt zwar teilweise in Wien, gehört aber überwiegend dem slawischen Kulturraum an. Die Tanzweisen, die darin erklingen, stellen eine erfrischend-köstliche Mischung aus böhmischen, kroatischen und polnischen Motiven dar.
Nedbal, der von 1874 bis 1930 gelebt hat, ist heute bedauerlicherweise fast nur noch durch seine Operette Polenblut in Erinnerung. Der hochbegabte Schüler Antonín Dvoráks war berühmt als Kammermusiker (Böhmisches Streichquartett) und als Dirigent. Der „leichten Muse" hat er sich nur aus Existenzgründen verschrieben, in Wahrheit war er ein profunder, hoch gebildeter und ernsthafter Musiker. Sein satztechnisches Können spricht auch aus der Partitur der Winzerbraut, es gibt Momente darin, die der Musik Janáceks ziemlich nahe kommen.
Die Handlung des Stücks ist etwas ärmlich, es geht um einen alternden Lebemann, dem seine exzentrische Freundin dermaßen auf die Nerven geht, dass er froh ist, als sich ein anderer „Abnehme" für sie findet. Und auch er gelangt zu seinem Glück in der Gestalt eines blonden Wiener Mädels. Ein Librettostoff der leichtesten Sorte, der aber der musikalischen Phantasie freien Raum gönnt.
Die Veröffentlichung bei cpo erfreut mit einer lebhaften, spritzigen Wiedergabe, an der vor allem das Orchester (zusammengesetzt aus Studierenden aller Länder) großen Anteil hat. Ein weiterer Faktor: der Dirigent Herbert Mogg, zu Recht als „„Altmeister" tituliert und seit einer kleinen Ewigkeit mit der Operettenkunst aufs innigste verbrüdert. Bei den Gesangssolisten treten die Damen vorteilhaft ins Licht: Mirjam Neururer als Wiener Mädel und Bibiana Nwobilo als „femme fatale". Das sind gute, klangvolle Stimmen, denen man gerne zuhört. Andreas Rainer besitzt für die Komiker-Paraderolle (der Südfrüchtehändler Franjo) zuwenig Pfiff. Den Liebhaber aus der Seniorenriege gibt Wolfgang Müller-Lorenz, dem man die guten Zeiten als Heldentenor noch immer anmerkt.
Clemens Höslinger [23.05.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Oskar Nedbal | ||
1 | Die Winzerbraut (Operette in drei Akten) |
Interpreten der Einspielung
- Wolfgang Müller-Lorenz (Graf Milan Mikolic - Tenor)
- Martin C. Turba (Graf Nikola, Milan Mikolics Sohn - Sprecher)
- Marcus Niedermeyr (Baron Bogdan Lukovac - Bariton)
- Andreas Rainer (Franjo Svecak, Südfrüchtehändler - Tenor)
- Bibiana Nwobilo (Julja Lella, Schauspielerin - Sopran)
- Mirjam Neururer (Lisa Müller - Sopran)
- Susanne Kirnbauer (Mizzi Müller, ehem. Hof-Ballettmeisterin - Sprecherin)
- Alfred Berger (Kvirin, Haushofmeister bei Bogdan - Bariton, Iwan, Diener auf Gut Mikolic - Bariton)
- Chor des Musik Theater Schönbrunn (Chor)
- Orchester des Musik Theater Schönbrunn (Orchester)
- Herbert Mogg (Dirigent)