Ondine ODE 1182-2
1 CD • 61min • 2010
14.04.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Über Erich Wolfgang Korngolds musikalisches Vermächtnis kann man verschiedener Meinung sein. Die Wunderdinge, die der Kleine in einem Alter schrieb, wo sich andere noch die Nase am Ärmel abwischen; die Glanzpunkte aus seinen Erfolgsopern, die glorreichen Momente seiner schönsten Filmmusiken und so etwas wie das spröde-fesselnde Klavierkonzert für Paul Wittgensteins linke Hand oder das süffige Violinkonzert stehen neben mancherlei, das auch dann nicht besser wird, wenn wir konzedieren, dass der Komponist im Frühjahr 1938 glücklicherweise gerade noch den „Anschluß“ verpaßt hat: Gerade auf dem Gebiet der Kammermusik wird nach meinem Empfinden zuviel Gewese um ein paar Wienerische Würstl gemacht – oder aber, was auch sein mag, es fehlt diesen Kreationen bis heute an wirklich zupackenden Darstellungen, die nicht versuchten, den kleinsten Seufzer zu einem Roman aufzublasen ...
Während man nun also über den Rang und Stellenwert von Streichquartetten, Klaviersonaten und anderen Nostalgica durchaus debattieren könnte, erhebt sich für mich die Sinfonie in Fis-Dur op. 40 über jeden noch so dezenten Zweifel. Sie ist nicht nur ein Meisterwerk aus der meist freundlichen Feder des Mannes, sondern sicherlich auch eine der herausragenden Sinfonien des 20. Jahrhunderts, ein Monolith, der wenigstens alle paar Spielzeiten in den Konzertsälen vorkommen müßte. Desto empfindlicher reagiere ich, wenn dieses prachtvolle Stück wie im vorliegenden Falle zu einem klobigen, massigen Dampfroß der Achsfolge 1E mit kolossalem Schlepptender umfunktioniert werden soll, um nichts weiter als einen kleinen, niedlichen Begleitwagen über die Schienen zu schleifen. Ein merkwürdig lächerliches Gespann ist das, eine völlig untaugliche Kopplung, die obendrein daran krankt, dass keiner aus innerster Überzeugung mitzufahren bereit ist. All die scharfen Kanten und expressiven Schläge des Kopfsatzes, dieses schmerzhafte, mitunter klirrende Aufjaulen des Orchesters; dann der hin- und mitreißende Wirbelwind des Scherzos, in das immer wieder die Hörner wie breite, leuchtende Pinselstriche hineinfahren (sollten); der tiefe Ernst des großen Adagio, das bei nur einigermaßen lustvoller Wiedergabe geradezu vulkanische Erschütterungen freigibt; und endlich der in sich zurückkehrende Bogen, mit dem Erich Wolfgang Korngold auf ebenso schlüssige wie individuelle Weise das vielbeschworene „Finalproblem“ gelöst hat – nichts davon gerät, um im obigen Bilde zu bleiben, je unter echten Dampfdruck: Der Kessel bleibt lauwarm, die Ventile ziehen Nebenluft, und das lustige „Tänzchen im alten Stil“ von 1919, das hier stolz als Wiederentdeckung und Weltersteinspielung gefeiert wird, hoppelt geradezu überfordert hinter der müden Maschine her. Dem hübschen kleinen Dingelchen hätte eine andere Umgebung besser angestanden: Der „Schneemann“ des Wunderkindes vielleicht oder, ganz programmatisch, die charmante, pfiffige Musik zu Viel Lärm um Nichts. Gar nicht auszudenken, dass dasselbe Team aus Helsinki in neuester Zeit mit Uuno Klami oder gar dem unglaublich originellen Jukka Tienssu so fabelhafte Dinge angestellt hat!
Rasmus van Rijn [14.04.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Erich Wolfgang Korngold | ||
1 | Sinfonie Fis-Dur op. 40 (Dem Andenken Franklin Delano Roosevelt gewidmet) | 00:53:48 |
5 | Tänzchen im alten Stil | 00:07:18 |
Interpreten der Einspielung
- Helsinki Philharmonic Orchestra (Orchester)
- John Størgårds (Dirigent)