Béla Bartók
The Six String Quartets

Hungaroton HSACD 32513-14
2 CD/SACD stereo/surround • 2h 33min • 2008
01.02.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
„Hier geht’s zu Bartók!” durchfuhr’s mich schon in den ersten Augenblicken dieser Produktion. Und je länger es währte, desto deutlicher konnte ich spüren, daß die erste Ahnung nicht getrogen hatte. Das war endlich mal keine dieser ständig auf heißester Herdplatte brodelnden Selbstdarstellungen, in denen sich die Neurosen der Ausführenden quasi parasitär an den Notentext hängen und die eigentliche Substanz überwuchernd mißbrauchen in der Hoffnung, beim Empfänger auf verwandte seelische Schieflagen zu treffen und so zumindest momentan für Sensationen zu sorgen. Das war und ist aber auch keine dieser hohlwangigen Tüfteleien, mit denen uns in jedem Takt die geistige Ferne des Komponisten bewiesen werden soll, bis unser verständnis-inniges Nicken unmerklich in ein leises Schütteln des Kopfes übergeht, der langsam an des guten Morpheus Brust sinkt.
Nein, schon beim ersten, mit konzentriert-faszinierter Gespanntheit verfolgten Durchgang mußte ich feststellen, daß ich bei diesem halben Dutzend großer Werke immer etwas Wesentliches verpaßt hatte. Worauf eine zweite Anhörung, nach alter Gewohnheit en passant und quasi absichtslos bei Erledigung anderer Dinge, die endgültige Bestätigung brachte – denn so oft, wie ich von diesen Interpretationen förmlich empor- oder herumgerissen wurde, das läßt sich nachträglich gar nicht mehr beziffern. Nur so viel weiß ich: daß ich nicht nur einmal den Eindruck hatte, er, der Meister selbst, sei zugegen. Die Intensität, die nirgends künstlich aufgeheizten Spannungsfelder, die verschroben-komischen Wirkungen wie etwa der pálinka-seligen Burletta des sechsten Quartetts; dann aber auch die Fülle subtiler Gesten, die exakt bemessenen und gerade doch so natürlich wirkenden Bögen, die präzisen rhythmischen Effekte; das noch im wildesten Knirschen hörbare Quantum Schönheit und die Vorechos des späterhin so ergreifenden religioso – all das ist im Spiel der vier „Mikrokosmiker” zu hören wie die über ein bloß instrumentales Leuchten hinausgehende, historische Strahlkraft der großen Schöpfungen, die so vieles einkapseln, was bis heute noch nicht weitergesungen wurde. Wenn der vielgequälte Begriff des „Schlüsselwerkes” wirklich einmal angebracht ist, so hier: Diese Aufnahmen sprengen den Rahmen ihrer selbst und deuten als Essenz auf den „ganzen Bartók”, den man plötzlich wieder ganz dringend hören möchte. Einen gescheiten Blaubart, die Konzerte, die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, die Ballette.
Erst an diesem Punkte – auch so eine Eigenart von mir – greife ich also zu dem vorzüglich ausgeführten, schön gestalteten Beiheft. Und was schreibt da der große ungarische Musikologe Somfai László? Es sei festzuhalten, „dass die heute typisch zu nennenden und ausgesprochen virtuosen Aufführungen für die vollkommene Erschließung der Partituren Bartóks unter zahlreichen Aspekten nicht sonderlich förderlich sind.” Als hätte ich’s geahnt!
Rasmus van Rijn [01.02.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Béla Bartók | ||
1 | Streichquartett Nr. 1 Sz 40 | 00:30:05 |
4 | Streichquartett Nr. 3 Sz 85 | 00:15:12 |
8 | Streichquartett Nr. 5 Sz 102 BB 110 | 00:29:52 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Streichquartett Nr. 2 op. 17 Sz 67 | 00:26:20 |
4 | Streichquartett Nr. 4 C-Dur Sz 91 für 2 Violinen, Viola und Violoncello | 00:22:51 |
9 | Streichquartett Nr. 6 Sz 114 | 00:27:58 |
Interpreten der Einspielung
- Mikrokosmos String Quartet (Ensemble)