Acousence Classics ACO-CD-20607
1 CD • 63min • 2006
07.05.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Dieser bearbeitete Live-Mitschnitt vom August 2006 wirkt ausgesprochen plastisch, macht mich allerdings auch neugierig darauf, das Theater am Marientor in Duisburg einmal selbst zu besuchen, um festzustellen, ob der Klang dort wirklich so eigenartig ist – gleichermaßen angeschärft, differenziert, aber auch hallig. Man darf bei der Beurteilung solcher Fragen nicht vergessen, daß es eben nicht um einen “realen Raumklang” geht, sondern um die Erzeugung der Illusion eines solchen unter den Bedingungen des heimatlichen Wohnzimmers: Aufnahmetechnik ist immer eine Manipulation. Und das bedeutet auch hier die bekannten Wechsel der klanglichen Perspektive je nach Beteiligung der Instrumente – das Solo-Cello im zweiten Satz der Schostakowitsch-Sinfonie wird akustisch “herangezoomt”, das Tutti klingt in der Totalen.
Was die Darbietung betrifft, haben die Duisburger Philharmoniker unter Jonathan Darlington ihre Meriten, die besonders der Schostakowitsch-Sinfonie zugute kommen: Atmosphärisch dichtes Spiel, atmender Streicher-Klang, differenzierte Farbwirkungen und eine starke Binnenspannung prägen diesen Live-Mitschnitt – eine sehr intensive, gute Aufführung, mehr als wert, auf CD festgehalten zu werden, und in der künstlerischen Note eine glatte 9. Umso enttäuschender ist dann Mozarts Haffner-Sinfonie, die ausgesprochen heruntergespult wirkt und zudem in der orchestralen Balance unter der großen Streicherbesetzung wie auch der Außenstimmen-betonten konventionellen Orchesteraufstellung nach Furtwängler (Bratschen rechts) leidet. Die Form wird gestört, da Darlington auf die Wiederholungen verzichtet (Platz auf der CD wäre noch gewesen). Und die leichten Ritardandi am Ende der Sätze wirken ausgesprochen manieriert. Es ist die konventionelle Aufführung eines besseren städtischen Orchesters unserer Tage und allenfalls eine 5. (Die Endwertung mit einer 7 versteht sich als Versuch eines Durchschnitts.) Von der Spannung der Schostakowitsch-Aufführung ist hier nichts zu spüren. Nach dem Mozart (gottlob nicht nach dem Schostakowitsch!) folgt auch noch der für Live-Mitschnitte offenbar obligate Applaus – was bei Strafe verboten werden sollte. Denn im Konzertsaal ist der Applaus Ausdruck einer Entspannung nach der gemeinschaftlichen Hörerfahrung des Publikums, während der Hörer zu Hause allein mit sich und dem Klang ist und nicht am Ende der Musik durch ein scheußliches Prassel-Geräusch daraus gerissen werden möchte.
Dr. Benjamin G. Cohrs [07.05.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Dimitri Schostakowitsch | ||
1 | Sinfonie Nr. 15 A-Dur op. 141 | 00:42:52 |
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
5 | Sinfonie Nr. 35 D-Dur KV 385 (Haffner) | 00:19:49 |
Interpreten der Einspielung
- Duisburger Philharmoniker (Orchester)
- Jonathan Darlington (Dirigent)