Franz Schubert Piano Works Vol. 2

hänssler CLASSIC 98.297
1 CD • 46min • 2007
10.11.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Gerhard Oppitz, einst Wilhelm-Kempff-Eleve, ist ein Mann der pianistischen Totalen. Was er im Konzertsaal zu Zyklen bindet, findet seinen Niederschlag auch auf der Compact Disc. Nach Reihen mit den einschlägigen Brahms-Werken und den kompletten Beethoven-Sonaten eröffnet Oppitz jetzt eine Schubert-Edition. Die zweite Veröffentlichung (in der ersten waren mit der G-Dur-Sonate D 894 und den Drei Klavierstücken D 949 zwei Zeugnisse der Reifezeit versammelt) vereinigt ein ganz frühes und zum Teil noch ungelenkes Zeugnis des 18jährigen (E-Dur-Sonate D 157) mit einem herausragenden Spätwerk (A-Dur-Sonate D 959). Man darf dem Interpreten attestieren, dass er beide Vorlagen gleichermassen ernst nimmt, also keineswegs das Jugendstück zur gefälligen Einspielübung missbraucht.
Allerdings ist Oppitz nicht von Eigenwilligkeiten frei – das sei ihm als denkendem Interpreten freigestellt. Über einige Details zumal agogischer Art mag man streiten – zumal der Pianist dabei mit einiger Konsequenz vorgeht. Was am ehesten irritiert, sind die abgebremsten Tempi vorab in den Ecksätzen der A-Dur-Sonate. Das geht bisweilen fast zum Stillstand, zu einem überdehnten Auskosten jener lyrischen Passagen, die schon Schumann als „himmlische Längen“ etikettiert hat. Oppitz ist dabei um etliche Grade langsamer als etwa (der auch nicht gerade hastige) Alfred Brendel, der unter den heutigen Pianisten als der eigentliche Schubert-Spezialist gilt.
Ich weiss nicht, ob Gerhard Oppitz den Text gekannt hat, der seiner zweiten Schubert-Edition beigefügt ist. Dieser reitet etwas gar penetrant auf dem „Kindlichen“ bei Schubert herum, ausgehend von einem Ausspruch des (historischen) Dirigenten Felix Weingartner: „…im Sinne eines Kindes, das aus einer höheren Welt auf unsere Erde gefallen ist“. Musik als besonderes Spielzeug, folgert der Autor Eckhardt van den Hoogen: „Schubert gehört zu jener Sorte geist- und erfindungsreicher Kinder, denen keiner sagen muss, was sie womit spielen sollen.“ Von solch höherer Infantilität findet sich allerdings – und glücklicherweise – kaum etwas in Oppitz’ Wiedergabe. Er nimmt Schuberts Musik ernst und zumindest im Ansatz locker, er gewährt den spielerischen Elementen Bedeutsamkeit, aber strapaziert sie nicht. Insofern also durchaus eine ehrliche Auseinandersetzung.
Mario Gerteis † [10.11.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Piano Sonata No. 21 A major D 959 | 00:45:39 |
5 | Klaviersonate E-Dur D 157 (1815) | 00:22:38 |
Interpreten der Einspielung
- Gerhard Oppitz (Klavier)