J. S. Bach Six Suites for Violoncello solo BWV 1007-1012
OehmsClassics OC 718
2 CD • 23min • 2007
11.11.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Johann Sebastian Bachs sechs Suiten für Cello solo verlangen, neben technischer Beherrschung des Instruments, ein Eindringen in den Geist dieser Musik. Sie erfordern vom Interpreten Können und Wissen. Dürfen also nur altgediente und erfahrene Künstler sich an diese Aufgabe wagen? Oder ist das bloss ein Klischee? Sebastian Klinger jedenfalls, gerade dreissig geworden, unterläuft die Vorstellung von der langen Reifung. Er räumt immerhin ein, dass die jetzige Einspielung eine Momentaufnahme sei, der vielleicht später eine andere Sicht folgen könne.
Es ist eine bestechende Momentaufnahme. Sie ist klar und zugleich klangintensiv, rhythmisch genau und doch nie mechanisch. Klinger, seit vier Jahren Erster Solocellist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und auch oft auf Solistentournee, ist ein früh erwachtes und früh entfaltetes Talent. Obwohl seine erste Plattenbekanntschaft mit diesen Stücke durch die legendären Einspielungen von Pablo Casals erfolgte, hat er sich von dieser Lesart ziemlich entfernt. Klinger reflektiert die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis, ohne sich ihnen zu unterwerfen. Anner Bylsma hat ihn hier geprägt, auch sein Lehrer Heinrich Schiff hinterlässt Spuren. Klinger verzichtet weitgehend auf Vibrato (das er in der romantischen Musik durchaus schätzt), er sucht den puren Klang. In solcher Reinheit möchte er jenes „spirituelle Erlebnis“ bewahren, das er mit Bachs Musik verbindet – daher hat er die Suiten in einem kirchlichen Raum (Himmelfahrtskirche in München-Sendling) aufgenommen. Übrigens auch um des volleren Tons willen gerade in den mehrstimmigen Passagen.
Die formale Strenge der traditionellen sechsteiligen Satzfolge soll das Tänzerische vieler Passagen keineswegs überdecken. Klinger plädiert für das Rhetorische in dieser Musik; die Töne sollen sprechen. Konsequent benutzt er in der 6. Suite D-Dur, die eine fünfte, hohe E-Saite verlangt, nicht sein vertrautes Cello (von Camillus Camilli, Mantua 1736), sondern ein Instrument, das ihm sein Vater eigens gebaut hat. Die weit hinaufgetriebenen Spitzentöne gewinnen einen speziellen, obertonreichen Charakter, der bei einem normalen viersaitigen Cello trotz des heute üblichen Daumenaufsatzes kaum in ähnlichem Maße gewährleistet ist.
Mario Gerteis † [11.11.2008]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Suite Nr. 1 G-Dur BWV 1007 für Violoncello solo | 00:17:16 |
7 | Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 für Violoncello solo | 00:19:43 |
13 | Suite Nr. 6 D-Dur BWV 1012 für Violoncello solo | 00:20:40 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Suite Nr. 3 C-Dur BWV 1009 für Violoncello solo | 00:20:23 |
7 | Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 für Violoncello solo | 00:23:31 |
13 | Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 für Violoncello solo | 00:23:28 |
Interpreten der Einspielung
- Sebastian Klinger (Violoncello)