Johann Gottlieb Naumann
La Passione di Gesù Cristo
cpo 777 365-2
2 CD • 2h 00min • 2006
08.05.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die italienischen Passions-Oratorien des 18. Jahrhunderts haben mit den deutsch-protestantischen Passionen wenig gemein. Ihnen liegt kein Bibeltext, sondern ein Textbuch – ähnlich dem einer Oper – zugrunde. Verbreitet waren vor allem die Texte des berühmten Opern-Librettisten Pietro Metastasio. Anders als bei Bach gibt es in der italienischen Passion keinen erzählenden Evangelisten, keinen Auftritt Jesu in Person und keine Turba-Chöre. Das Geschehen wird vielmehr von beteiligten Personen oder Augenzeugen in Rezitativen geschildert und in Arien und Ensembles reflektiert, der Chor, der eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielt, knüpft mit allgemeinen Betrachtungen an.
Der kurfürstlich-sächsische Kirchen-Compositeur Johann Gottlieb Naumann schrieb seine Passion nach dem Text von Metastasio (der auch in einer Vertonung von Giovanni Paisiello vorliegt) während eines Studienaufenthaltes in Padua 1768 im Auftrag des Marchese Giuseppe Ximenes d’Aragona. Im folgenden Jahr erklang das Werk auch in Dresden. Die Jünger Petrus und Johannes, Maria Magdalena und Joseph von Arimathia berichten in dramatischen Rezitativen (zum Teil recht drastisch) von Leiden, Kreuzigung und Tod Jesu. Für die leidenschaftliche Reue der Protagonisten über ihre eigenen Verfehlungen und die Klagen über die verblendete Menschheit findet Naumann in den Arien ausdrucksvolle Töne. Höhepunkte bilden die Arien der Maria Magdalena „Vorrei dirti il mio dolore“ (mit reich figuriertem Part für Solovioline) und „ Potea quel pianto“ sowie die Arie des Petrus „Se a librarsi in mezzo all’onde“ mit virtuosem Fagott-Solo.
Unter den Gesangssolisten ragt der Japaner Makoto Sakurada mit klarem und elegant geführtem Tenor als Petrus hervor. Giovanna (Monica?) Bragadin, die Sängerin der Maria Magdalena, lässt mit warm timbrierter Altstimme aufhorchen. Das Ensemble, bestehend aus dem sauber und klangschön agierenden Kammerchor La Stagione Armonica und dem Orchestra di Padova e del Veneto unter der Leitung des Barock-Pioniers Sergio Balestracci musiziert kammermusikalisch, mit sorgfältiger Phrasierung und lebendiger Charakterisierung der verschiedenen Nummern. Auch klanglich ist der Livemitschnitt aus dem Auditorium Pollini in Padua recht gut geraten. Kleine Flüchtigkeiten im Booklet wie die durcheinander geratenen Track-Angaben im Libretto sollten die Freude an dieser Welt-Ersteinspielung nicht trüben, die einen wichtigen Beitrag zur Wiederentdeckung eines zu Unrecht vernachlässigten Komponisten darstellt.
Sixtus König † † [08.05.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Gottlieb Naumann | ||
1 | La Passione di Gesù Cristo (Azione sacra in due parti) |
Interpreten der Einspielung
- Monica Bragadin (Maddalena - Mezzosopran)
- Makoto Sakurada (Pietro - Tenor)
- Raffaele Giordani (Giovanni - Tenor)
- Alfredo Grandini (Giuseppe - Baß)
- Coro La Stagione Armonica (Chor)
- Orchestra di Padova e del Veneto (Orchester)
- Sergio Balestracci (Dirigent)