cpo 777 047-2
1 CD • 66min • 2004
15.11.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Emil Nikolaus von Reznicek: ein verkannter Könner. Außer der Ouvertüre zu seiner Oper Donna Diana von 1894 hat keines seiner Werke im Repertoire überlebt. Und auch dieser wird Unrecht getan, indem sie meist etwas herablassend dem Bereich der orchestralen Unterhaltungsmusik zugeordnet wird. Wieder einmal ist es das unermüdliche Label cpo, das sich seit einiger Zeit die Rehabilitierung des vernachlässigten Komponisten auf die Fahne geschrieben hat – mit großem Erfolg, denn die bisherigen fünf Veröffentlichungen (die Opern Donna Diana und Ritter Blaubart, die Sinfonien Nr. 2 und 5 sowie die Sinfonischen Bilder Schlemihl und Der Sieger) sind als veritable Entdeckungen begrüßt worden. Die jüngste Folge der Reihe verdient das gleiche Prädikat, denn die beiden sinfonischen Variationszyklen bestätigen einmal mehr Rezniceks Originalität, seinen außerordentlichen Erfindungsreichtum und seine souveräne Beherrschung der satztechnischen Mittel.
Die 1921 von Wilhelm Furtwängler uraufgeführten Chamisso-Variationen, deren Thema (die Vertonung des Chamisso-Gedichtes) erst am Ende durch den Bariton nachgereicht wird, sind mit einer gehörigen Portion Ironie gewürzt, die möglicherweise auch den wohlmeinenden Ratschlägen von Rezniceks Freund und Kollegen Richard Strauss galt. Sein großartigstes Variationen-Werk, die Kol Nidrey-Variationen, hat Reznicek nie zu hören bekommen. Die Zeitläufte, gegen die der Komponist immer angeschwommen war, ließen ein Stück, dem das alte jüdische Gebet zugrunde lag, kaum opportun erscheinen.
Eröffnet wird die CD mit der spritzigen Lustspiel-Ouvertüre (Rezniceks Studienfreund Felix von Weingartner gewidmet), einem würdigen Pendant zu der ein Jahr früher komponierten Donna Diana. (Beide Ouvertüren sind übrigens dieser großzügig gestalteten CD auch noch als Bonus-Tracks in akustischen Aufnahmen von 1922 unter Leitung des Komponisten beigegeben). Die neuen Aufnahmen mit dem WDR Sinfonieorchester unter Michail Jurowski besitzen ein hohes Niveau, wenngleich sie im Falle der Chamisso-Variationen die Prägnanz und den trockenen Sarkasmus der unlängst veröffentlichten Stuttgarter Aufnahme von 1960 unter Carl Schuricht (in der auch das Schluss-Couplet von Barry McDaniel weitaus überzeugender gesungen wird) nicht ganz erreichen. Was die Kol Nidrey-Variationen und die Lustspiel-Ouvertüre betrifft, ist die Kölner Einspielung ohne Konkurrenz.
Sixtus König † † [15.11.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Emil Nikolaus Reznicek | ||
1 | Eine Lustspiel-Ouvertüre | 00:08:59 |
2 | Thema und Variationen (nach dem Gedicht "Tragische Geschichte" von Adalbert von Camisso) | 00:19:24 |
12 | Symphonische Variationen über Kol Nidrey | 00:24:46 |
Interpreten der Einspielung
- Alexander Vassiliev (Bass)
- WDR Sinfonieorchester Köln (Orchester)
- Michail Jurowski (Dirigent)