
OehmsClassics OC 585
2 CD • 42min • 2005, 2006
18.01.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Knapp an der Speicherkapazität einer Compact Disc vorbei geschrammt! Die drei Brahms-Projekte (opp. 5, 9 und 10) als Folge zwei der Oehms-Edition mit dem Pianisten Andreas Boyde mussten auf zwei Silberscheiben verteilt werden. Dies zum Äußeren einer Publikation, die in künstlerischer Hinsicht bruchlos an Boydes erste Ausgabe der Brahms-Klavierwerke anschließt (Sonaten op. 1 und op. 2, Scherzo op. 4 / OC 584). Der Ton, der Klang des Interpreten ist markant, selbstbewusst, wichtiger noch: er verbreitet von den ersten Akkordschlägen der f-Moll-Sonate jenes akustische Aroma, das man – wie immer man das auch unter musik-mysteriösen Umständen deuten möchte –Brahms’ Tonfall, einer dem Komponisten eigenen Klangräumlichkeit zuzuordnen gewillt ist. Die kurzen Noten im ersten Themenüberfall dieses Werkes gelingen Boyde nicht zu kurz, also kreischend gequetscht wie so oft im Ernstfall des Konzertfiebers, aber auch zumeist im Studio. Die Oktavfolgen in ihrer sprunglebendigen Gefährlichkeit bleiben in den musikalischen Fluss eingebunden. Und der lyrische Fluss im sentimentalen Seitenthema beweist Geschmack: Boyde lässt sich hier wie auch in den anderen verwandten Passagen dieses Programms niemals dazu hinreißen, Brahms’ Melodik mit Schmelz, sozusagen mit norddeutschem Marzipan anzureichern. Sympathisch auch seine Handhabe am Ende des Finalsatzes. bei allzu großer Geschäftigkeit und Ungeduld bleiben diese rollenden und weit über die Tastatur züngelnden Passagen oft unverständlich (einzig Katchen war in seiner Decca-Einspielung in der Lage, trotz verwegenen Tempos, das finale Ganze anschaulich zu halten).
Für mein Empfinden kann man die Akkord-Beleuchtung der ersten Ballade op. 10 noch vorsichtiger, tastender, noch indirekter aussteuern, auch den Mittelteil der Ballade Nr. 4 noch fragender, entmaterialisierter anfassen, aber zusammen mit den sehr übersichtlich abgehandelten, schwierig zu vermittelnden Schumann-Variationen ist Boyde eine bemerkenswerte Zusammenstellung früher Brahms-Arbeiten gelungen. Das macht neugierig auf die Variationen op. 21, op. 24 und op. 35 und im Weiteren auf die Klavierstück-Serien op. 76 und op. 117 bis 119. Zu hoffen ist, dass sich dieser musikalisch grundehrlich wirkende, pianistisch souveräne Interpret auch den Sextett-Variationen und – kaum wagt man es anzumelden – auch den Studien, der Bach-Chaconne für die linke Hand und manchen der verstreuten Kleinigkeiten widmen wird.
Vergleichsaufnahme:Katchen (Decca)
Peter Cossé † [18.01.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Klaviersonate Nr. 3 f-Moll op. 5 | 00:38:59 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Variationen über ein Thema von R. Schumann fis-Moll op. 9 | 00:16:50 |
5 | Vier Balladen op. 10 | 00:24:57 |
Interpreten der Einspielung
- Andreas Boyde (Klavier)