Profil PH06011
1 CD • 63min • 1971, 1971, 1958
24.09.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Diese Veröffentlichung von drei Aufnahmen des Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchesters (heute: WDR Sinfonieorchester) mit Carlo Maria Giulini (1914-2006) ist aufschlussreich für das Repertoire des italienischen Dirigenten. Dvoráks letzten drei Sinfonien galt sein besonderes Interesse, Francks Psyche et Eros hat er oft dirigiert, Busonis Faust-Studien widmete er sich dagegen selten.
Das Hauptstück der CD ist Dvoráks achte Sinfonie in einer gleichermaßen eindrucksvollen und eigenwilligen Interpretation, die sich durch große Spannung sowie Kontrast bzw. Balance zwischen Kontrolle und Freiheit auszeichnet. Giulini erlaubt sich viele Freiheiten im Umgang mit dem Text. Man ist immer wieder überrascht von Temperamentsschüben, ja -ausbrüchen. Da wird plötzlich ein Tempo stärker angezogen, als man es gewohnt ist, da stehen Themen und Abschnitte in besonders deutlichem Kontrast, da erlaubt sich der Dirigent, ein langsames Thema auszukosten – das alles aber ohne Manieriertheit oder Effekthascherei. Giulini nimmt die Achte schon im Kopfsatz sehr bewegt bis drängend, kostet die langsamen Passagen nie geschmäcklerisch aus. Das Andante ist so kein Satz „schöner Stellen“, das Allegretto nicht sentimental oder verzärtelt, das Finale wird schon in den ersten Takten des Hauptthemas mit Verve angegangen. Leider ist die Klangqualität der Aufnahme von 1958 mäßig. Man hört eine Art von künstlicher oder Pseudo-Stereophonie (Raumklang) mit dumpfer Räumlichkeit, wenig Brillanz und Transparenz; obendrein „blubbert’s“ im fortissimo unangenehm.
Sarabande und Cortège op. 51, die beiden Orchesterstudien, die Busoni 1918/19 zunächst zu seiner Oper Doktor Faust schrieb und dann in das Werk einfügt, nimmt Giulini mit ihren spezifischen Eigenheiten ernst. Die Sarabande ist ein düsterer, schwer schreitender Tanz, deren geheimnisvoller Ton in eine Traumwelt führt. Die Cortège ist nicht mehr und nicht weniger als eine Suite von verschiedenen Tänzen – von langsam über animiert bis zu heftig bewegt.
1887/88 schrieb César Franck mit Psyché et Eros sein umfangreichstes und ungewöhnlichstes Orchesterwerk: eine ausgedehnte sinfonische Dichtung für Orchester und Chor. Franck nahm den antiken Stoff als Grundlage für eine Verherrlichung christlich-mystischer Liebe, einer reinen Liebe, die nichts mit Sinnlichkeit und Erotik zu tun hat. Später arbeitete er das Werk zu einer viersätzigen Suite um, deren Sätze auch einzeln gespielt werden können. Am bekanntesten geworden ist das Schlussstück Psyché et Eros, zu dem Giulini eine besondere Affinität hatte. Er hat es oft dirigiert und mehrfach eingespielt. Giulini inszeniert das Poem als Stimmungsbild voll sinnlichen Klangs mit einem suggestiven Dialog zwischen Psyche und Eros. Die Kölner Aufnahme mag klanglich nicht mit späteren Produktionen Schritt halten können, vermittelt gleichwohl alle Meriten dieser sinfonischen Dichtung.
Peter Heissler [24.09.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ferruccio Busoni | ||
1 | Zwei Studien zu Doktor Faust op. 51 No. 2 | 00:19:40 |
César Franck | ||
3 | Psyché (Poème Symphonique) | 00:09:26 |
Antonín Dvořák | ||
4 | Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88 | 00:33:25 |
Interpreten der Einspielung
- Kölner Rundfunk-Sinfonieorchester (Orchester)
- Carlo Maria Giulini (Dirigent)