
Nuova Era 224184
2 CD • 2h 03min • 1988
16.11.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Oper Jean de Paris von Boieldieu, Paris 1812, war einst ein weithin bekanntes Favoritstück, das als Johann von Paris auch auf deutschen Bühnen Begeisterung auslöste. In heutiger Zeit dürfte zumindest die spritzige Ouvertüre (früher häufig in Alben für zwei- oder vierhändiges Klavierspiel vertreten) noch bekannt sein. Dem französischen Opernerfolg war ein erstaunliches Nachleben in Italien beschieden: Felice Romanis Übersetzung des Librettos von Saint-Just fand drei Vertonungen: durch Morlacchi (1818), Speranza (1836) und schließlich durch Donizetti (1839), dessen Version nun in einer älteren Tonaufnahme vorliegt. Die Handlung von Gianni di Parigi ist denkbar einfach: Um eine heimliche Begutachtung seiner künftigen Gemahlin, der Prinzessin von Navarra, vorzunehmen, gibt sich der Dauphin von Frankreich als Bürger Jean (Gianni) aus. Unausbleiblich, daß sich die beiden ineinander verlieben – dem happy end steht nichts im Weg. Rundum gibt es ein bißchen harmlose Kritik an Etikette und Standesdünkel.
Donizetti schrieb die heitere Oper bereits im Jahr 1831, gleich nach Vollendung seiner Anna Bolena. Die Titelpartie war dem berühmten Tenor Rubini zugedacht, der sie aber nie gesungen hat. Dadurch blieb die Oper zunächst mehrere Jahre im Depot und kam erst 1839 an der Mailänder Scala zur Aufführung. Da zwei voneinander abweichende Vorlagen der Partitur existieren, wurde für die Aufführung in Bergamo 1988 (Festival Donizetti e il suo tempo) eine Mischfassung verwendet, die der schwedische Musikforscher Anders Wiklund hergestellt hat.
Das Werk darf ohne weiteres zu den besten Buffo-Opern Donizettis gezählt werden, es besitzt Witz, Grazie, Charme, Temperament und bezaubert durch viele kostbare Einfälle. Merkwürdig, daß sich im zweiten Akt eine kleine Vorausahnung der Tonio-Arie aus La fille du régiment („Ah mes amis“) vorfindet. Giannis große Soloszene am Ende der Oper ist ein Muster für erlesenes musikalisches Kunsthandwerk, sie wird von Giuseppe Morino – der sich mit H, C. Cis, D nicht lumpen läßt – wunderschön und gefühlvoll vorgetragen. Luciana Serra glänzt als bravouröse Koloratursängerin, ihren manchmal etwas stechenden Gesangston muß man bei so viel Perfektion in Kauf nehmen. Die dritte große Rolle gehört dem karikiert gezeichneten Ober-Seneschall, den Angelo Romero mit wirkungsvoller Drastik und polterndem Baß verkörpert. Auch die weiteren Partien sind durchwegs übereinstimmend besetzt: Elena Zilio in der Knabenrolle des Oliviero ist imstande, ihrer Altstimme tatsächlich „männliches“ Metall zu verleihen, Enrico Fissore und Silvana Manga bieten prägnante Charakteristik. Solisten, Chor und Orchester unter Carlo Felice Cillarios Leitung verleihen der nun bereits fast dreißig Jahre alten Aufnahme Glanz und Frische. Eine würdige Präsentation zu Ehren des Musikfürsten von Bergamo. (Kommentar: englisch, deutsch, italienisch, Libretto: italienisch.)
Clemens Höslinger [16.11.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Gaetano Donizetti | ||
1 | Gianni di Parigi |
Interpreten der Einspielung
- Luciana Serra (La Principessa di Navarra - Sopran)
- Angelo Romero (Il Gran Siniscalco della Principessa - Baß)
- Giuseppe Morino (Gianni di Parigi - Tenor)
- Elena Zilio (Oliviero, Page - Alt)
- Enrico Fissore (Pedrigo, Wirt - Baß)
- Silvana Manga (Lorezza, Pedrigos Frau - Mezzosopran)
- Coro di Milano della RAI (Chor)
- Orchestra Sinfonica di Milano della RAI (Orchester)
- Carlo Felice Cillario (Dirigent)