Nuova Era 231574
2 CD • 1h 57min • 1990
10.11.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Laut Grove Opera Dictionary war es wahrscheinlich der obskure Komponist Carlo Sajon, der die erste Oper nach Vorlage des berühmten Cervantes-Romans geschaffen hat. Das war im Jahr 1680. Seither ist eine unübersehbare Serie von musikalischen Bühnenwerken mit Don-Quichote-Motiven nachgefolgt: über Purcell, Salieri, Mendelssohn, Massenet, Kienzl, de Falla bis herauf zum Mann von La Mancha, mehr als hundert Stück. Auffallend ist bei so reicher Ernte, daß nichts darunter ist, was man als „die“ gültige Version anerkennen kann.
Auch Paisiellos Don Chisciotte (Neapel 1769) zählt nicht dazu, es ist ein hübsches, gefälliges Werk, aber die Musik könnte genausogut zu irgend einem anderen Libretto passen. Dieser überaus produktive Musiker hat nur selten, am ehesten in Nina oder in La Molinara zu einer gewissen Eigenständigkeit gefunden, ansonsten ist es ganz der ominöse „Stil der Zeit“, der aus seiner immerfort rosenfarbenen Musik heraustönt. Weder der Kampf mit den Schafen noch jener mit den Windmühlen findet in der Musik eine spezielle Charakteristik, auch Don Quichote, Sancho Pansa, die mitwirkenden Damen – sie alle tragen die gleiche freundliche, doch unbewegliche Paisiello-Maske. Was den Eindruck der Einförmigkeit oder zumindest der mangelnden Abwechslung erhöht, ist das permanent vorherrschende Dur. Erst in die Schlußszenen mischen sich ein paar dunkle Moll-Töne ein. Auch spielt sich, wie meistens bei Paisiello, der Ton-Umfang der Gesangsstimmen in relativ engem Zirkel ab.
Das Libretto besitzt nur flüchtige Ähnlichkeit mit dem spanischen Roman, alles Satirische, Kritische wurde daraus entfernt, einzig das Amüsement einer noblen Gesellschaft über die Lächerlichkeiten des Ritters und seines Knappen steht im Vordergrund. Auffallend, daß Don Quichote hier – im Gegensatz zu anderen Vertonungen – Tenor singt, in dieser Tonaufnahme von 1990 sogar Heldentenor (Paolo Barbacini).
Die Produktion der Römischen Oper bietet ein sehr gelungenes Beispiel für belebenden Umgang mit musikalischem Archivgut. Die Sänger legen in ihren Vortrag mehr Agitation ein, als in der Musik vorhanden ist, die meisten von ihnen sind ausgezeichnet, vor allem die Damen Maria Angeles Peters und Elena Zilio und der Bariton Bruno Praticò. Das Orchester, von Giorgio Morandi bereits in der originellen Ouvertüre (Sinfonia) energisch angefeuert, glänzt und funkelt in den allerschönsten Farben. In tutto: Für Rarissima-Freunde höchst empfehlenswert.
Die Textbeilage bringt einen ausführlichen Bericht zum Werk (auch deutsch), das Libretto wird in der Originalsprache wiedergegeben.
Clemens Höslinger [10.11.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Giovanni Paisiello | ||
1 | Don Chisciotte |
Interpreten der Einspielung
- Paolo Barbacini (Don Chisciotte - Tenor)
- Romano Franceschetto (Sancio Pancia - Bariton)
- Maria Angeles Peters (La Contessa - Sopran)
- Elena Zilio (La Duchessa - Mezzosopran)
- Mario Bolognesi (Don Calafrone - Tenor)
- Bernadette Lucarini (Carmosina - Sopran)
- Francesca Arnone (Cardolella - Sopran)
- Annabella Rossi (Ricciardetta - Sopran)
- Orchestra del Teatro dell'Opera di Roma (Orchester)
- Velia De Vita (Cembalo)
- Pier Giorgio Morandi (Dirigent)