Claudio Monteverdi
L'Orfeo
Glossa GCD 920913
2 CD • 1h 55min • 2006
07.09.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Am 24. Februar 1607 fand im Palazzo Ducale zu Mantua ein Ereignis statt, dessen Folgen damals wohl kaum ein Mensch übersehen konnte: die Uraufführung von Monteverdis Orfeo, mit der sich – in freizügiger Auslegung – die Geburtsstunde der Kunstform Oper datieren läßt. Orfeo bedeutete zwar nicht das allererste Lebenszeichen der Oper, doch Monteverdis Schöpfung überstrahlt wie ein himmelhohes Gestirn die Vorgängerwerke, deren Komponisten uns zum Teil kaum dem Namen nach bekannt sind.
Zum Vierhundertjahr-Jubiläum gibt es nun eine Neuaufnahme des Orfeo durch das Ensemble La Venexiana unter Claudio Cavinas Leitung. Die erste Frage bei Einspielungen Alter Musik, noch dazu bei häufig produzierten Stücken, betrifft stets das Problem der „Fassung“. Das Dogma der „originalen“ Versionen, das lange Zeit bald von dieser, bald von jener Partei vertreten wurde, ist in letzter Zeit erheblich entschärft worden. Zu viel, zu reichlich sind die Ensembles der Musica antica geworden, als daß eine einzige Form der Wiedergabe Anspruch auf Gültigkeit erheben könnte. Claudio Cavina tut gut daran, in seinem ausführlichen Beiheft-Kommentar das Wort „Annäherung“ zu verwenden. Mit Recht vertritt er die Ansicht, daß eine Schritt-für-Schritt-Rekonstruktion der Aufführung anno 1607 ein Ding reiner Unmöglichkeit ist. Als Vorlage der Plattenaufnahme (entstanden in der Kirche San Carlo in Modena) hat er die gedruckte Orfeo-Partitur aus dem Jahr 1615 verwendet, wobei freilich auch hier dem lockeren Prinzip der „Annäherung“ gefolgt wurde. Bemerkenswert ist das klangliche Arrangement der Aufnahme, das ein ganzes Panorama von Tonvielfalt erzeugt: Musik, die von verschiedenen Seiten einzuströmen scheint.
Was diese Aufführung im besonderen auszeichnet, ist ihre mitreißende Vitalität. Bereits die Töne der einleitenden Toccata kündigen mit ihren schmetternden Bläserklängen das Konzept dieser Wiedergabe an: lebensvolles, atmendes, mitfühlendes und mitleidendes Musizieren steht im Vordergrund. In keinem Moment taucht beim Zuhören Langeweile auf, selbst nicht bei den langen und heiklen Lamentationen des Orfeo in den Schlußakten. Claudio Cavina weiß anscheinend genau, womit man jenes Publikum, das sich nur zögernd mit vierhundertjähriger Musik einlassen will, am besten locken kann, nämlich mit schönen Stimmen. Und damit wird man in dieser Aufführung reichlich beschenkt. Emanuela Galli mit ihrem betörend reinen Sopran bereitet ebensolche Freude wie alle weiteren Vertreterinnen der weiblichen Rollen. Den Orfeo singt Mirko Guadagnini – eine edle, weiche, schwärmerische Tenorstimme, in der sich ein weites Seelenleben offenbart Einzig der Sänger des Apollo erreicht nicht die hohe Marke der anderen Gesangssolisten. Und gerade ihm gehören die Schlußszenen des Werks...
Clemens Höslinger [07.09.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Claudio Monteverdi | ||
1 | L' Orfeo (Favola in musica; Text: Alessandro Striggio, 1607) |
Interpreten der Einspielung
- Emanuela Galli (La Musica - Sopran)
- Mirko Guadagnini (Orfeo - Tenor)
- Marina de Liso (Messaggiera - Sopran)
- Cristina Calzolari (Proserpina - Sopran)
- Matteo Bellotto (Plutone - Baß)
- José Lo Monaco (Speranza - Sopran)
- Salvo Vitale (Caronte - Baß)
- Vincenzo di Donato (Apollo - Bariton)
- Francesca Cassinari (Ninfa - Sopran)
- La Venexiana (Ensemble)
- Claudio Cavina (Dirigent)