Carus 50.153/99
1 CD • 46min • 2007
25.05.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Man muß schon ein ziemlich intimer Kenner der Musikszene der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sein, um sich den Meisterschüler Franz Lachners und den später in dessen Fußstapfen selber am Münchener Konservatorium als Dozent für Komposition und Orgelspiel wirkenden Josef Rheinberger (1839-1901) als einst recht fruchtbaren Tonsetzer für Kinderchöre und Jugendmusik in Erinnerung zu rufen. Mehr noch gilt dies für Rheinbergers Ehefrau Franziska, die sich unter dem Pseudonym Fanny von Hoffnaaß literarisch betätigte. Die diesbezüglichen Beiträge beider schienen unweigerlich in Vergessenheit geraten zu sein, wenn nicht jetzt die Carus-CD-Produktion dank der einschlägigen Aktivität des Kinderchores der Stuttgarter Staatsoper auf einen dieser „kleinen“ Rheinberger-Beiträge aufmerksam gemacht hätte.
Wenn auch der gern verwendete Zusatz einer "Welt-Ersteinspielung" sachlich zwar richtig, aber angesichts des Sujets ein wenig vermessen klingt, so bleiben doch der verlegerische Mut und Ansporn zur Nachahmung zu würdigen. Im vorliegenden Falle animierte die literarische Vorlage von Wilhelm Hauffs Märchen Kalif Storch zu einer Aufführung. Orientalisches an Szenerie und Klangmalerei in der (original) auf ein Klavier reduzierten Begleitung bieten hinreichenden Anreiz zum kindlichen Mummenschanz, um die kindgerechten Verse der Fanny von Hoffnaaß zu inszenieren. Rheinbergers schlichte Liedmelodik mit einer die gesungenen Texte unterstützenden Wortrhythmik kommen den jungen Akteuren weitgehend entgegen. Weniger dagegen der anspruchsvolle Klaviersatz, dessen Alla-turca-Vollgriffigkeit jedem versierten Chorrepetitor allerhand abverlangt. Geht er im Überschwang an virtuoser Präzision mit pianistisch beherztem Zugriff lautstärkemäßig über das stimmliche Volumen der Mädchen und Knaben hinaus, dann ergeben sich zwangsläufig Einbußen der Balance und eine eingeschränkte Transparenz an Wortverständlichkeit. Leider hat der Chorleiter Johannes Knecht in Personalunion als begleitender Pianist dieser Versuchung nicht widerstehen können.
Um so mehr verdienen die Klarheit der von ihm geschulten Stimmen, die Sauberkeit der Intonation und die vorbildliche Sprechtechnik der Nachwuchssänger besonderen Beifall. Freilich, für die musikalisch unbegleiteten Wortszenen und Dialoge vor dem Hintergrund einer fehlenden Kulisse vermißt man die Möglichkeit zum Mitlesen im Beiheft, weil die naturgemäß wenig differenzierten Stimmlagen der kindlichen Sprecher deren Rolle auf Anhieb kaum erkennen lassen. Hier eröffnen sich die Chancen für eine Bearbeitung als Hörbild. Dies ist in sparsamen Ansätzen mit etwas Hintergrund-Vogelgezwitscher versucht worden.
Dr. Gerhard Pätzig [25.05.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Josef Rheinberger | ||
0 | Das Zauberwort op. 153 (Singspiel nach dem Märchen "Kalif Storch" von Wilhelm Hauff) |
Interpreten der Einspielung
- Bonnie Beck (Der Kalif von Bagdad)
- Felicitas Brunke (Der Großwesir)
- Judith Kistner (Lusa, Tochter eines indischen Emirs)
- Mikael Bagratuni (Selim, der Weise)
- Ludwig Hruza (Kaschnur, der Zauberer)
- Jascha Stiller (Mizra, der falsche Kalif)
- Marialena Kotz (1. Frosch)
- Jenny Langner (2. Frosch)
- Kinderchor der Staatstheater Stuttgart (Chor)
- Timo Handschuh (Klavier)
- Johannes Knecht (Klavier, Leitung)