OehmsClassics OC 802
1 CD • 61min • 2006
02.07.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Einen gewissen Nachruhm genießt Hermann Zilcher (1881–1948) als Begründer des Würzburger Mozartfestes (1922) und als Lehrer von Carl Orff, seine Kompositionen dagegen waren lange in Vergessenheit geraten und finden erst seit einigen Jahren wieder bescheidene Aufmerksamkeit. Der Grund für diese Randexistenz ist leicht auszumachen: Zilcher war zwar ein Könner, ein Handwerker mit Inspiration, aber er war kein origineller, unverwechselbarer Musiker. In Zeiten des allgemeinen Umbruchs, der in der Kunst teilweise revolutionäre Züge annahm, hielt der Zeitgenosse von Schönberg und Schreker trutzig die Fahne der Spätromantik hoch, als Galionsfigur des Konservativismus blieb er andererseits deutlich im Schatten Pfitzners und des späten Strauss.
Neben Orchesterwerken, Kammermusik und Klaviermusik hat Zilcher an die 80 Lieder komponiert, die ersten um die Jahrhundertwende. Ein deutlicher stilistischer Wandel ist dabei über die Jahre nicht zu erkennen. Der Eichendorff-Zyklus op. 60 (1927) hätte ebenso gut ein Vierteljahrhundert vorher geschrieben werden können. Die Musik rankt sich um die Texte, ohne ihnen zusätzliche Sinnschichten abzugewinnen. Gelungen und aufführenswert sind dagegen die kurz nach dem 1. Weltkrieg entstandenen 15 kleinen Lieder nach den Hey-Speckterschen Fabeln op. 37 – pointierte Miniaturen voller Witz und gleichsam improvisiert wirkender musikantischer Laune, dabei in der kindlichen Einfachheit durchaus nicht affektiert.
In dem Bariton Konrad Jarnot, der sich schon seit längerem seines Vokalwerks annimmt, hat Zilcher den denkbar besten Anwalt gefunden. Eine helle, geschmeidige Stimme mit müheloser Tenorhöhe, souverän in der Atemkontrolle, linienbewußt bei gleichzeitig prägnanter Diktion. Das große Vorbild Fischer-Dieskau ist erkennbar, aber nie im Sinne einer Nachahmung. Manchmal geht der Sänger in dem Bestreben, den verkannten Komponisten gut zu „verkaufen“ allerdings etwas zu weit. Die Überemphase in den frühen Liedern op. 12 gerät dabei in Gegensatz zu der eher einfachen Machart der Kompositionen. Alexander Schmalcz ist Jarnot ein adäquater Klavierpartner.
Wenig hilfreich ist das Booklet, das zwar eine ausführliche Biographie des Komponisten enthält, aber mit keinem Wort auf die eingespielten Kompositionen eingeht. Die Künstlerbiographien sind vollends ärgerlich, weil sie nach heutigem PR-Gebrauch seitenlang auflisten, wo und mit wem die Künstler schon aufgetreten sind, man erfährt aber nicht, woher sie kommen, wie alt sie sind, wo sie gelernt und wie sie angefangen haben. Ich erlaube mir, das hier zumindest für den Sänger nachzutragen: Jarnot ist Engländer, 1972 in Brighton geboren, studierte bei Rudolf Piernay und Dietrich Fischer-Dieskau und gewann 2000 den ersten Preis im ARD-Wettbewerb. Seitdem ist er weltweit nicht nur als Konzertsänger, sondern gelegentlich auch als Opernsänger (Guglielmo, Amfortas, Onegin, Pelleas) tätig.
Ekkehard Pluta [02.07.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Hermann Zilcher | ||
1 | Vier Lieder op. 12 | 00:11:16 |
5 | Eichendorff-Zyklus op. 60 | 00:29:37 |
17 | 15 Kleine Lieder nach den Hey-Speckterschen Fabeln op. 37 | 00:20:04 |
Interpreten der Einspielung
- Konrad Jarnot (Bariton)
- Alexander Schmalcz (Klavier)