
VMS 631
1 CD • 69min • 2005
08.09.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Es gibt eine Art der aufführungspraktischen Korrektheit, die hat etwas Antiseptisches. Jedes Bögelchen wird geatmet, jede Artikulation mit spitzen Fingerchen beachtet, jede Phrase mit geradezu „göttlichem” Anstrich zelebriert – und doch will diese nachweisliche Vollkommenheit nicht wirklich beglücken, bewegen, mitreißen, weil vor lauter Textbeachtung etwas nicht ganz Unerhebliches auf der Strecke bleibt: die Persönlichkeit dessen, der die Musik geschaffen hat.
Nun sind es zwar Binsenweisheiten, daß mit dem Interpretierten auch immer ein gehöriges Maß des Interpreten transportiert wird und daß Wolfgang Amadeus Mozart in dieser Hinsicht geradezu erbarmungslos ist. Gleichwohl ist es immer wieder verblüffend zu sehen, wie wahr es ist: Wer sich auf die Trägerwellen seiner Kreationen setzt, der mag sich noch so sehr „gebärden” – er kommt nicht unerkannt und ungeschoren davon.
Die vorliegende CD präsentiert uns das Musterbeispiel einer solchen „Selbst-Entblätterung”. Schon an der Posthorn-Serenade fällt sogleich die Richtigkeit und Präzision des Musizierens auf, die funkelnde, besser: aufs Funkeln bedachte Gestaltung der hurtigen Sätze, die rührend sein sollenden Gesten der verhaltenen mouvements. Daß dem vergleichsweise langen Kopfsatz mit Beginn der Durchführung ein wenig die Luft auszugehen scheint, daß auch der vorgeschaltete (und warum am Ende nicht wiederholte?) Marsch KV 335a nicht gut zu Fuß ist, fällt bei der insgesamt feinen, eleganten Klangdisposition und der für einen Live-Mitschnitt auffallend schönen Akustik noch nicht so sehr ins Gewicht; es ist freilich schon zu erahnen, daß im Vertrauen auf die äußerlichen Aspekte etwas von dem Wesen, um das es in letzter Instanz ja immer gehen sollte, auf der Strecke bleiben wird.
Das bestätigt sich dann im beigefügten Klavierkonzert, über das es nun nur noch Schönes zu sagen gibt: Andreas Frölich ist ein ganz exzellenter Mozart-Spieler; der warme Ton seines Instruments fügt sich wunderbar in das Gefüge der Kammerphilharmonie ein, die sich hörbar bemüht, ihrem Namen Amadé gerecht zu werden. Und genau da fehlen mir dann bei aller Quirligkeit der Ecksätze und in der aufziehenden Romantik des Adagios die Haken und Ösen, die Wolfgang Amadeus Mozart nun mal auszeichnen: Wir hören einmal mehr den abgehobenen, aggressionsfreien Götterliebling, der sich’s längst auf dem Olymp bequem gemacht hat und nur noch darauf achtet, daß man seine Vortragsanweisungen minutiös befolgt. Die ganz irdische Spiellaune des selbstbewußten Großverdieners, der alle andern in Grund und Boden rammen konnte mit seiner Kunst – die mag ich ganz besonders, und die vermisse ich hier.
Rasmus van Rijn [08.09.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Marsch in D KV 335a | |
2 | Serenade Nr. 9 D-Dur KV 320 (Posthorn-Serenade) | |
3 | Konzert Nr. 23 A-Dur KV 488 für Klavier und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Andreas Fröhlich (Klavier)
- Kammerphilharmonie Amadé (Orchester)
- Frieder Obstfeld (Dirigent)