Pentatone classics 5186 127
1 SACD • 60min • 1970
02.05.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eine besondere Motivation dafür, diese Orgelaufnahmen Daniel Chorzempas von 1970 wiederaufzulegen, stellten für die Toningenieure die mittlerweile verbesserten technischen Möglichkeiten dar. Die Firma Philips Classics, welche Chorzempas Bach- und Liszt-Interpretationen vor mittlerweile über 35 Jahren einspielte, verwandte damals bereits Mehrkanal-Technik. Erst seit einigen Jahren setzen sich jedoch solche mehrkanaligen Wiedergabesysteme, welche die fortschrittliche Technik via SACD auch tatsächlich wiederzugeben vermögen, in den Haushalten der Musikliebhaber durch. Eine Neuauflage schien also angeraten.
Dieser technische Bonus macht die Neu-Edition zusätzlich attraktiv, wäre jedoch allein aus interpretatorischer Sicht nicht unbedingt nötig gewesen, um sie zu legitimieren. Der zum Zeitpunkt der Aufnahme gerade einmal 26jährige Chorzempa, der damals Aufsehen erregte, weil er stets auswendig spielte, später auch als Musikwissenschaftler hervortrat und heute Professor am Salzburger Mozarteum ist, spielte damals mit einer geradezu bezwingenden Strenge. Das kann auch derjenige Musikfreund, der sich in der Orgelliteratur nicht besonders heimisch fühlt, am wohl bekanntesten Orgelstück überhaupt hörend nachvollziehen: Den quasi improvisatorischen Beginn von Bachs Toccata d-Moll BWV 565/1 spielt Chorzempa weniger spontan als vielmehr rhythmisch und metrisch genau bemessen, nicht so, wie Bach selbst dies vielleicht aus dem Stegreif fantasiert hätte, sondern so, wie er es tatsächlich notiert hat.
Nun ist der Rezipient von heute von Improvisationsgenies wie Ton Koopman vielleicht frischere, spektakulärere Interpretationen gewöhnt; das soll jedoch nicht heißen, daß Chorzempa bieder oder steifleinern agiert hätte – er spart sich nur die lebhaften Ausbrüche für die Schlußphasen auf, wie etwa die hochvirtuose Coda der a-Moll-Fuge BWV 543 beweist.
Bei allen vier großen Präludium-Fugen-Paaren ergibt sich damit als Resultat eine äußerst überzeugende formale Gestaltung wie aus einem Guß, ein kontinuierliches und vollkommen stufenloses Steigern etwa im Falle der c-Moll-Passacaglia. Auch im Falle des Liszt-Stückes gestattet sich Chorzempa keine freiere, etwa romantisierende Agogik. Dies erscheint um so sinnvoller, als Liszt sich in seinen Variationen über Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen S 179 ja weitgehend auf Bach bezog, nicht nur in der Auswahl des Materials, sondern auch in puncto Form und Stilistik. So erscheinen die vielfältigen Episoden Liszts eng zusammengeschweißt, in fast unerbittlicher barocker Mechanik.
Prof. Michael B. Weiß [02.05.2006]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 | |
2 | Passacaglia und Fuge c-Moll BWV 582 | |
3 | Präludium und Fuge D-Dur BWV 532 | |
4 | Präludium und Fuge a-Moll BWV 543 | |
Franz Liszt | ||
5 | Variationen über Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen S 179 |
Interpreten der Einspielung
- Daniel Chorzempa (Orgel)