Kempf Bach

BIS 1330
1 CD • 66min • 2002
17.02.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eine überraschende, höchst anspruchsvolle Programmwahl des englischen Pianisten nach einer ganzen Reihe von BIS-Produktionen mit Werken von Beethoven, Chopin, Liszt, Prokofieff, Schumann und Rachmaninoff! Das zeigt, wie sehr sich dieser immer noch recht junge, nämlich kaum 30jährige Londoner aus dem Stadium eines wunderkindlichen Glücksbringer zu einem ernstzunehmenden, weltweit sehr erfolgreichen Interpreten entwickelt hat. Ich habe ihn vor vielen Jahren als Juror im Zürcher Concours Géza Anda erlebt, als er vor- und hochgelobt aus England kommend antrat, aber ohne jede Chance die zweite Runde verfehlte. Das kann passieren, denn nicht immer ist man in Höchstform, nicht immer dient die Zusammensetzung einer Jury den Interessen, oder besser: den Vorstellungen eines Musikers. Indes war mir damals klar, dass dieser Edelstein von der pianistisch recht bestückten Insel eine Denk- und Nachschleifpause – um beim Bild zu bleiben – gut vertragen könnte.
Nun wagt es Kempf mit zwei der schwierigsten, in Bedeutung und Spieldauer ausgreifendsten Werke Johann Sebastian Bachs. Und er beweist in allen „präludierenden“ Sätzen (Ouvertüre bzw. Toccata) eine sichere, eigenwillige Hand für die festen wie für die mobilen Ereignisse. Und er folgt auch in den Tempo-Veranschlagungen der Binnensätze eigenen Vorstellungen, wie etwa in der fast schon Sarabanden-ähnlich genommenen Allemande der e-Moll-Suite, die Alexis Weissenberg um einiges rascher empfand, wodurch die in hübschen Dreiklangszerlegungen endenden Werksegmente eine weniger nachdenkliche Atmosphäre verbreiteten. Die finalen Gigue-Sätze scheinen mir gefährlich in der Beschleunigung forciert, auf „Zugabe“ hin getrimmt, so daß der springlebendige Akzent, die pieksende Pointierung zugunsten allgemeiner Liquidität aufgegeben wird. Insgesamt aber handelt es sich um den pianistischen Nachweis von Ernsthaftigkeit, von einer Haltung, auch im medialen Bereich nicht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen.
Vergleichsaufnahmen: Weissenberg (EMI), Gould (Sony); Nr. 6: Pletnev (Melodia/Eurodisc)
Peter Cossé † [17.02.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Partita Nr. 4 D-Dur BWV 828 | |
2 | Partita Nr. 6 e-Moll BWV 830 |
Interpreten der Einspielung
- Freddy Kempf (Klavier)