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Besprechung CD

Opera Rara ORC30

3 CD • 3h 28min • 2004

09.11.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Etwa zwischen Lucia di Lammermoor und Roberto Devereux, in dieser geradezu ungeheuerlichen Arbeitsperiode Donizettis, entstand nebst einem halben Dutzend anderer Werke die tragische Oper Pia de’ Tolomei, 1837 in Venedig zum ersten Mal aufgeführt. Salvatore Cammeranos wirkungsvolles Libretto spielt zur Zeit des Konfliktes zwischen Guelfen und Ghibellinen, in den die edle Pia, Gattin des Burgherren Nello della Pietra, hineingezogen wird. Pia wird der Untreue bezichtigt, von ihrem Gatten verstoßen und in öder, verseuchter Landschaft in einen Turm verbannt. Erst in ihrer Todesstunde stellt sich ihre Unschuld heraus. Genügend Gelegenheit für dramatischen Furor, für Kriegsgesänge, für Trauer, Verzweiflung, Liebesglut.

Donizettis Partitur zeigt die bekannten Licht- und Schattenseiten seiner Vielschreiberei auf: einerseits die flott hingeschriebenen, mit perfekter Routine fabrizierten Passagen, auf der anderen Seite wiederum schöne, tief empfundene Kantilenen, regelrechte Höhepunkte. Stroh und Edelsteine in buntem Wechsel. Viele Hörer wird es verblüffen, im ersten Arioso des Tenors ein Hauptmotiv aus Verdis La Traviata zu vernehmen. Zufällige Ähnlichkeit? Vielleicht hat Verdi das Werk gekannt, seine spätere Gattin Giuseppina Strepponi war ja eine der ersten Sängerinnen der Pia. Nicht nur sie, auch die Persiani, Tadolini, Gesangsgrößen wie Poggi, Moriani, Ronconi glänzten in dieser Oper (das umfangreiche, hervorragend gestaltete Programmheft gibt darüber ausführlich Bescheid).

Mit solchen Leuchten kann die opera rara-Produktion gewiß nicht aufwarten, es wäre jedoch unfair, darin eine Schwachstelle der Aufnahme zu sehen. Die Wiedergabe ist sogar durchaus anerkennenswert gelungen: Das kaum bekannte, erst in jüngster Zeit wieder hervorgeholte Werk (2004 konzertant in London, 2005 in Venedig, Teatro Fenice) wird mit aller Sorgfalt präsentiert. Unter David Parrys Leitung wird schwungvoll und mit spürbarer Anteilnahme musiziert, das London Philharmonic Orchestra zeichnet sich durch vollen, markanten Klang aus. Die Gesangssolisten, alle mit bestem Bemühen und Gelingen, gleichen durch ihren Eifer aus, was da und dort an Perfektion und Stimmenglanz fehlt. Herauszuheben ist Bruce Ford in der Tenorrolle des verräterischen, zuletzt aber bereuenden Ghino. Seine Gesangskultur, sein beseelter Vortrag trägt und belebt die ganze Wiedergabe.

Zwei CDs der Box sind der Erstfassung der Oper gewidmet, die dritte bringt die Umarbeitungen, die der Komponist für spätere Aufführungen hergestellt hat (Senigallia 1837, Neapel 1838). Die neapolitanische Fassung beschert überraschenderweise ein Happy End, mit Versöhnung des Ehepaars und fröhlicher Musik, was nach den vorhergegangenen grausamen Vorgängen reichlich unpassend wirkt. Vorzuziehen ist jedenfalls die tragische Urversion.

Clemens Höslinger [09.11.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Gaetano Donizetti
1Pia de' Tolomei

Interpreten der Einspielung

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