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Besprechung CD

Michael Gielen

Mahler

SWRmusic 93.124

1 CD • 77min • 2005

11.10.2005

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Eine echte Überraschung ist diese Neuproduktion der von Deryck Cooke vervollständigten zehnten Sinfonie von Mahler unter der Leitung von Michael Gielen: Noch vor wenigen Jahren hat der Dirigent es abgelehnt, mehr als das von Mahler weitgehend vollständig hinterlassene erste Adagio aufzuführen. Nun hat er sich eines Besseren belehren lassen und wird im Booklet mit den Worten zitiert, es sei “doch mehr von Mahler da, als ich zuerst sah”. Alle Fragen des Notentextes einmal beiseite gelassen, könnte freilich der Unterschied zwischen dieser Produktion des SWR-Orchesters Baden-Baden/Freiburg und der ebenfalls bei Hänssler vorgelegten ersten Sinfonie Mahlers mit dem RSO Stuttgart unter Roger Norrington (CD 93.137) nicht größer sein, denn hier prallen zwei Welten der Mahler-Interpretation wie auch der Aufnahme-Ästhetik aufeinander. Gielen verzichtet nie auf das übliche Vibrato und erlaubt sich auch weitaus mehr Freiheiten in der Tempogestaltung als Norrington. Die Detailgestaltung entwickelt er aus der großen Linie, nicht umgekehrt die Architektur aus der Klangrede der kleinen Zellen. Mit beiden Ansätzen kann man freilich als Hörer gut leben, zumal Gielen hier wirklich jedes Quentchen eigener Begeisterung mobilisiert hat. So gelingt ihm eine der insgesamt spannendsten Einspielungen der Zehnten, die ich in meiner persönlichen Favoritenliste gleich hinter die unerreichte, leider auf CD vergriffene Phillips-Aufnahme unter Wyn Morris stellen möchte. Ein zusätzliches Plus ist, daß Gielen endlich einmal wieder die antiphonale Aufstellung der Violinen berücksichtigt, die von den meisten prominenten Dirigenten unbeachtet geblieben ist, aber wesentlich zur Wirkung gerade der zehnten Sinfonie beiträgt. Überdies gelingt Gielen das Kunststück, die in der Komposition am wenigsten entwickelten letzten beiden Sätze in der Gesamtanlage der Sinfonie besonders überzeugend zu disponieren – auch wenn man über Details wie den etwas matten Höhepunkt-Schreckensakkord in beiden Ecksätzen, das etwas statisch wirkende zweite Scherzo oder die herangezogene Trommel zu Beginn des Finales geteilter Meinung sein kann (mir klingt sie zu hell und stumpf). Welten liegen allerdings leider auch zwischen den Klangcharakteren der Einspielungen: der brodelnde Live-Mitschnitt der Ersten aus Stuttgart mit seinem etwas trockenen, klar strukturierten Klang wirkt weitaus natürlicher und menschlicher als diese mitunter sterile und blankpolierte Studioproduktion aus Freiburg. Gleichwohl ist Michael Gielen hier nicht nur eine seiner überzeugendsten eigenen Einspielungen, sondern zugleich auch ein höchst gewichtiger Beitrag zur Diskographie der vergleichsweise immer noch vernachlässigten Aufführungsfassung der zehnten Sinfonie gelungen.

Dr. Benjamin G. Cohrs [11.10.2005]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Gustav Mahler
1Sinfonie Nr. 10 Fis-Dur

Interpreten der Einspielung

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