Händel Opera seria

naïve E 8894
1 CD • 67min • 2004
09.03.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Für ihr Händel-Rezital haben Sandrine Piau und Christophe Rousset größtenteils nicht die üblichen Hits, sondern die eigentlichen typischeren Arien aus dem umfangreichen Opernschaffen ausgewählt. Zwar finden sich auch hier einige brillante Koloratur-Kapriolen, doch im wesentlichen wird Händel als ein Komponist präsentiert, dem es um das Ausloten seelischer Tiefen, ja Abgründe ging. Über den jeweiligen dramaturgischen Kontext der Stücke innerhalb der Oper informiert das Beiheft (auf französisch und englisch), über die Stellung der Oper im Gesamtschaffen wird man durch eine praktische Tabelle sämtlicher Bühnenwerke aufgeklärt. Besonders sinnvoll ist es gerade in einem solchen Rezital, daß man erfährt, für welche Sopranistinnen bzw. für welchen Soprankastrat Händel diese Arien geschrieben hat, erkennt man doch, was deren jeweilige Stärke war, die der Komponist zur Geltung bringen wollte.
Insgesamt gibt es hier mehr introvertierte als extrovertierte Arien, und Sandrine Piau gelingt es vorzüglich, mit feinsten Farbschattierungen und einer nuancenreichen Textgestaltung wichtige Details herauszuarbeiten und in ihren musikalischen Kontext zu stellen. Vorzüglich ist auch die Begleitung des Talens lyriques, die einerseits mit Temperament zur Sache gehen, andererseits immer die Kantabilität des Ausdrucks im Blick behalten. Einmal mehr beweist Christophe Rousset, daß er zu den kompetentesten Händel-Interpreten unsere Zeit gehört.
Die Tontechniker haben sich für eine sehr trockene Abbildung des Klanges entschieden. Dies entspricht sicherlich eher den akustischen Verhältnissen eines Barocktheaters und bildet das extreme Gegenteil jener komfortablen Kirchenakustik, für die sich die Techniker von Naïve bei einer vergleichbaren Aufnahme entschieden haben, nämlich bei dem Händel-Rezital von María Bayo und Skip Sempé (Naïve E 8674). Was bei letztgenannter CD vielleicht etwas zuviel des Halls ist, mag einigen bei der vorliegenden Produktion fehlen; für den häuslichen Hörgenuß liegt das Optimum wohl in der Mitte. Gleichwohl sei bei dieser Gelegenheit noch einmal auf die Schwester-CD hingewiesen, die nicht nur klanglich, sondern auch interpretatorisch und hinsichtlich der Arien-Auswahl eine hervorragende Ergänzung zur Piaus und Roussets Plädoyer für den eher vernachlässigten Händel ist.
Theodor Schliehen [09.03.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Friedrich Händel | ||
1 | Scoglio d'immota fronte (1. Akt, 8. Szene - aus: Scipione HWV 20) | |
2 | Verdi piante, erbette liete (2. Akt, 8. Szene - aus: Orlando) | |
3 | Che sento? oh Dio! (Reecitativo accompagnato, 2. Akt, 8. Szene - aus: Giulio Cesare in Egitto) | |
4 | Se pietà di me non senti (2. Akt, 8. Szene - aus: Giulio Cesare in Egitto) | |
5 | L' amor ed il destin (1. Akt, 3. Szene - aus: Partenope) | |
6 | Ah spietato (1. Akt, 4. Szene - aus: Amadigi di Gaula HWV 11) | |
7 | Brilla nell' alma un non inteso ancor (3. Akt, 3. Szene - aus: Alessandro HWV 21) | |
8 | Ombre piante, urne furneste (1. Akt, 7. Szene - aus: Rodelinda, Regina de' Langobardi) | |
9 | Combattuta da due vent (2. Akt, 8. Szene - aus: Faramondo) | |
10 | Cor di padre (3. Akt, 1. Szene - aus: Tamerlano) | |
11 | M'hai resa infelice (3. Akt, 2. Szene - aus: Deidamia HWV 42) | |
12 | Son qual stanco (2. Akt, 12. Szene - aus: Arianna in Creta HWV 32) |
Interpreten der Einspielung
- Sandrine Piau (Sopran)
- Les Talens Lyriques (Orchester)
- Christophe Rousset (Dirigent)