Ondine ODE1016-2
1 CD • 64min • 2001, 2003
03.09.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Was bleibt übrig nach dem Brand von Walhall und dem Ende der Götter? Alberich natürlich, der gierige Zwerg, der sich nach Verklingen der letzten Takte von Wagners Götterdämmerung kruschpelnd und knarrend bemerkbar macht und alsbald zwar nicht die Weltherrschaft, doch immerhin das Komando über ein umfangreiches Arsenal an Schlaginstrumenten ergreift und von meditativen Klängen bis zu berserkerhaftem Wüten alle Spielarten genüsslich auskostet, wobei er Versatzstücke aus Wagners Tetralogie mal in zarte Gespinste, mal in Heavy Metal-Orgien verwandelt. Nach eigenen Worten wollte sich Christopher Rouse nicht über Wagner lustig machen, sondern „sich gemeinsam mit Wagner amüsieren“. Mit seiner Fantasie für Schlagzeug und Orchester Der gerettete Alberich von 1997 ist ihm ein augenzwinkerndes Stück Musik über Musik gelungen – und gleichzeitig ein grandioses Paradestück für die phänomenale Evelyn Glennie, die hier einmal mehr alle Register ihres Könnens ziehen kann. Und gegen Ende des dreisätzigen Werkes erinnert eine Reminiszenz an die Rheingold-Ambosse daran, dass die Beziehung Alberich-Schlagzeug gar nicht so weit hergeholt ist.
Wenn sich vier Spitzenorchester zur Vergabe eines Kompositionsauftrags zusammentun, ist dies ein sicheres Indiz für den Marktwert eines Komponisten. Der 1949 in Baltimore geborene Christopher Rouse, Schüler von George Crumb und Karel Husa, gehört ohne Frage zu den erfolgreichsten amerikanischen Komponisten der Gegenwart, dessen Musik Publikum wie Ausführende gleichermaßen zufriedenstellt. Rouse setzt nicht voraus, dass der Hörer sich neue Ohren wachsen lässt. Er baut auf traditionelle Hörgewohnheiten, spielt virtuos mit herkömmlichen Techniken und Ausdrucksmitteln und lässt dabei doch in jedem Moment eine starke, eigenständige Persönlichkeit durchscheinen. Den Musikern stellt er anspruchsvolle, aber immer dankbare Aufgaben, ohne die Instrumente in ihrem Charakter zu vergewaltigen.
Die vorliegende CD zeichnet seine Entwicklung in den neunziger Jahren nach, vom 1991 für den hervorragenden taiwanesischen Geiger Cho-Liang Lin komponierte Violinkonzert, das eine an Bartok orientierte Anlage mit einer eher düsteren Grundhaltung verbindet, bis zu dem im Jahr 2000 entstandenen dreizehnminütigen Orchesterstück Rapture (“Verzückung“), das in klarer Tonalität und gleißenden Orchesterfarben ein „Gefühl von spirituellem Segen“ vermitteln möchte. Für Leif Segerstam und sein famoses Philharmonisches Orchester Helsinki ist solche Musik natürlich ein gefundenes Fressen, und die ausgezeichnete Technik bringt die enorme dynamische Bandbreite des Klanggeschehens ungemindert über die Boxen.
Sixtus König † † [03.09.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Christopher Rouse | ||
1 | Der gerettete Alberich – Fantasie für Solo-Percussion und Orchester | |
2 | Rapture (Verzückung, 2000) | |
3 | Violinkonzert (1991) |
Interpreten der Einspielung
- Evelyn Glennie (Percussion)
- Cho-Liang Lin (Violine)
- Helsinki Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Leif Segerstam (Dirigent)