cpo 999 905-2
1 CD • 77min • 2002
23.03.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nur ein tragischer Zufall machte Sigmund Theophil Stadens (1607-1655) Seelewig aus dem Jahr 1644 zur ältesten erhaltenen deutschen Oper, denn bereits 1627 war Dafne von Heinrich Schütz uraufgeführt worden. Deren Libretto von Martin Opitz ist erhalten geblieben, doch ist die Musik – wie nahezu sämtliche weltliche Musik von Schütz – verloren gegangen. So wurde durch den sorglosen Umgang vergangener Generationen mit musikalischer Überlieferung der deutschen Kultur ein Werk vorenthalten, das es, legt man den Maßstab der geistlichen Musik aus Schütz’ Feder an, zweifellos mit gleichzeitigen italienischen Werken bis hin zu Monteverdis Opern hätte aufnehmen können. Nur wenige Musikfreunde wissen um diesen unersetzlichen Verlust der Musikgeschichte!
Im Unterschied zu einem an handelnde Personen gebundenen dramatischen Geschehen, das bei Monteverdis Opern noch ein heutiges Publikum faszinieren kann, entwickelt Seelewig – in einem idyllischen Schäfermilieu angesiedelt – keine eigentliche Handlung, sondern schildert die archetypische Geschichte der ewigen Seele, die auf dem Weg zur Vollendung den Kampf zwischen Gut und Böse besteht. Diese moralische Fabel wird in strophischen Liedern und kurzen Dialogen erzählt. So ist wegen des Fehlens rezitativischer Elemente dem Werk gelegentlich abgesprochen worden, überhaupt eine Oper zu sein. Das Stück ist allerdings vom Textdichter und vom Komponisten eindeutig als Musiktheater konzipiert worden, und so bleibt ein Streit um die Gattungszugehörigkeit von Seelewig letztlich akademische Wortklauberei.
Klaus Winkler und sein Ensemble I Ciarlatani bieten jedenfalls erfolgreich alle Kräfte auf, dem Zuhörer die 77 Minuten dieser CD zu einem Vergnügen werden zu lassen. Die vorzüglichen Sänger geben ihren Figuren Kontur, das Instrumentalensemble agiert lebhaft und farbenreich. So wird dieses Werk, dem es sicher ein wenig an Theatralik fehlt und dessen protestantische Moralität vermutlich heute nicht mehr erbauend wirkt, dennoch für heutige Zuhörer zu einem abwechslungsreichen und unterhaltsamen Vergnügen.
Detmar Huchting [23.03.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sigmund Theophil Staden | ||
1 | Seelewig (Ein Waldgedicht oder Freudenspiel, 1644) |
Interpreten der Einspielung
- Monika Mauch (Seelewig/Singkunst - Sopran)
- Ute Kreidler (Sinnigunda - Sopran)
- Heidrun Luchterhandt (Herzigilt - Sopran)
- Franziska Gottwald (Gwissulda/Echo - Mezzosopran)
- Sebastian Hübner (Künsteling/Malkunst - Tenor)
- Hans-Jörg Mammel (Ehrelob/Eitelkeit - Tenor)
- Armin Gottstein (Reichimuth - Bariton)
- Ulrich Maier (Trügewalt - Baß)
- I Ciarlatani (Ensemble)
- Klaus Winkler (Dirigent)