EMI 5 57451 2
3 CD • 2h 49min • 2002
23.05.2003
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Angesichts des beängstigend inflationären Umfangs von Plácido Domingos Plattenkatalog verwundert es schier, dass die Rolle des Enzo dort bislang noch nicht zu finden war, zumindest als Studioproduktion. Dessen Arie Cielo e mar, ein tenoraler Dauerbrenner seit Carusos Schellacktagen, noch vor dem düsteren Schlussmonolog der Titelheldin Suicidio! das berühmteste Solostück der Oper, hat er allerdings schon vor 34 Jahren eingespielt, auf seinem zweiten Recital unter Nello Santi. Das Beeindruckendste an Domingos aktueller Leistung ist weniger ihre Qualität an sich, als das erstaunliche Phänomen, dass der über 60jährige sich vor dem Endzwanziger keineswegs zu verstecken braucht. In der Tat eine überzeugende Demonstration stimmlicher Langlebigkeit; wobei der Tenor sowohl seine Defizite (die gestemmte, oft forcierte Höhe, das flache piano) konserviert hat als auch seine Qualitäten (warmes Timbre, musikalischer Vortrag, Legatokultur).
Als Gioconda bietet Violeta Urmana eine gesanglich ansprechende, musikalisch genaue Darbietung – man könnte es auf den Nenner bringen: es stimmt alles, aber es besagt wenig. Die Details leben nicht, Spannung stellt sich nicht ein. Erfreulicherweise bedient Urmana nicht die vordergründigen Erwartungen jener Gioconda-Freaks, die – zumal am Ende von Suicidio! – auf ordinär georgelte Brusttöne warten. Lado Ataneli als Barnaba ist einer der seltenen Interpreten dieser Partie mit gestalterischen Ideen. Er singt differenziert und genau und er beherrscht auch die Rolle – und nicht sie ihn –, d.h. er hat die hohen Töne, muss sie sich nicht abtrotzen. Die Schurkenschwärze dieser Nachtgestalt vermag er allerdings nur ansatzweise zu evozieren. In der großen Galerie italienischer Laura-Mezzos – man denke nur an Ebe Stignani, Fedora Barbieri, Giulietta Simionato, Fiorenza Cossotto – vermag sich Lucia d’Intino nicht für einen Spitzenrang zu empfehlen, sie erreicht ihre Vorgängerinnen weder in der Stimmqualität noch in der Ausdrucksintensität. Zwar kann ihr eine solide gesangliche Leistung attestiert werden, nur hat diese Laura nie das Studio verlassen und die Bühne betreten. Eine herbe Enttäuschung bereitet Roberto Scandiuzzi als Alvise, der zum Zeitpunkt der Aufnahme entweder indisponiert oder total außer Form gewesen ist: ein desolates Bild kraftloser Bemühungen! Insgesamt am überzeugendsten präsentieren sich der mit großem Engagement auftrumpfende Dirigent Marcello Viotti, das glänzend aufgelegte Münchner Rundfunkorchester und der präzise Rundfunkchor.
Kurt Malisch † [23.05.2003]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Amilcare Ponchielli | ||
1 | La Gioconda |
Interpreten der Einspielung
- Violeta Urmana (La Gioconda - Sopran)
- Luciana d' Intino (Laura Adorno - Mezzosopran)
- Roberto Scandiuzzi (Alvise Badoero - Baß)
- Elisabetta Fiorillo (La Cieca - Alt)
- Plácido Domingo (Enzo Grimaldo - Tenor)
- Lado Ataneli (Barnaba - Bariton)
- Paolo Battaglia (Zuàne - Tenor)
- Chor des Bayerischen Rundfunks (Chor)
- Münchner Kinderchor (Chor)
- Münchner Rundfunkorchester (Orchester)
- Marcello Viotti (Dirigent)